Keine Handhabe gegen Nazi-Inschrift

In Langenberg erinnert eine Gedenktafel an den Nationalsozialisten von Ribbentrop. Für Die Linke ein Skandal.

Keine Handhabe gegen Nazi-Inschrift
Foto: Michael Dorka

Velbert. Die Aufregung bei der Linken ist groß. „Velbert darf nicht zum Wallfahrtsort für Nazis werden. Herr Bürgermeister: Verhindern Sie das!“, schrieb Linken-Fraktionschef Harry Gohr an die Verwaltung. Der Stein des Anstoßes liegt auf dem kommunalen Friedhof Hohlstraße in Velbert-Langenberg. Bereits im vergangenen Jahr tauchte dort plötzlich eine Grabplatte auf, die unter anderem an den ehemaligen „Reichsminister des Auswärtigen“ Joachim von Ribbentrop erinnert, der 1946 bei den Nürnberger Prozessen zum Tode verurteilt wurde.

Der Langenberger Michael Dorka war auf die Inschrift gestoßen und fand besonders die Lage befremdlich: „Im Blickfeld der Grabplatte liegen das Ehrenmal und die Gräber der Opfer des Zweiten Weltkriegs.“ Harry Gohr berichtet, von älteren Menschen auf dem Friedhof angesprochen worden zu sein: „Die sagten mir, dass das doch wohl nicht sein könne.“

Offenbar kann es aber wohl sein. Die Nennung des Namens von Joachim von Ribbentrop auf dem Grabstein seiner Familie ist zulässig, so das Fazit von Stadtsprecher Hans-Joachim Blißenbach, der sich dem Fall angenommen hat. Nach seinen Angaben, haben Mitglieder der Familie Ribbentrop seit dem Jahr 2000 das Nutzungsrecht an mehreren nebeneinanderliegenden Grabstätten auf dem Friedhof Hohlstraße. Nach zwei Beisetzungen fand im Februar 2015 auch eine Umbettung nach Langenberg statt. Anna Elisabeth von Ribbentrop, die Frau des ehemaligen Reichsaußenministers, und dessen Stiefmutter Olga Margarethe Ribbentrop wurden an der Hohlstraße beigesetzt, nachdem ihre sterblichen Überreste vorher auf dem Friedhof Wiesbaden-Berbrich lagen.

Die dort vorhandene Grabplatte kam mit, der Name des verurteilten Kriegsverbrechers stand schon darauf. Seine Leiche liegt nicht in Langenberg, sie wurde 1946 nach der Einäscherung durch die Alliierten verstreut.

Dorka ist der Ansicht: „Die Stadtverwaltung, in deren Zuständigkeit der Friedhof fällt, hat hier politisch und moralisch versagt.“ Stadtsprecher Blißenbach erklärt jedoch dazu: „Der Vorgang der Verlegung der Grabplatte war rechtmäßig. Der Stadt oder der Technischen Betriebe war es weder möglich, die Überführung zu verhindern, noch kann auf eine Entfernung der Platte hingewirkt werden.“

Es gebe allgemein auf Friedhöfen die gewohnheitsrechtlich verfestigte Praxis, dass enge Angehörige auf einem Grabstein genannt werden dürfen, wenn keine sterblichen Überreste vorhanden sind. Selbst gegen die Bestattung eines Leichnams hätte die Stadt keine Handhabe gehabt. Blißenbach: „Es gibt in Deutschland kein allgemeines Verbot der Bestattung von Kriegsverbrechern.“ Er folgert: „In Anbetracht der Tatsache, dass sogar eine Beisetzung zulässig gewesen wäre, muss erst recht eine Nennung des Namens von Joachim von Ribbentrop auf dem Grabstein seiner Familie zulässig sein.“

Linken-Chef Harry Gohr sieht das anders. „Wir werden weiter recherchieren. Es kann unserer Einschätzung nach nicht sein, dass ein Mann, der hier nicht gestorben ist, nach 70 Jahren auf einem kommunalen Friedhof eine Erinnerung findet“, sagt er.

Dass die Auflösung von Grabstätten bekannter NS-Persönlichkeiten zu juristischen Konflikten mit den Angehörigen führen kann, zeigte der Fall Rudolf Heß. Neonazis pilgerten regelmäßig zu einem evangelischen Friedhof im bayerischen Wunsiedel, wo die Gebeine von Hitlers Stellvertreter ruhten. Als die Kirche den Pachtvertrag für das Grab kündigen wollte, legte eine Enkelin Heß’ Klage ein. Am Ende einigte man sich außergerichtlich, die sterblichen Überreste wurden 2011 exhumiert.

In Velbert ist die Lage deutlich entspannter. Stadt-Sprecher Blißenbach teilte auf Nachfrage der WZ mit, dass es bislang keine Beschwerden über Nazi-Treffen auf dem Friedhof gegeben habe.

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