Bomber verbreiteten Angst und Schrecken

Dr. Eduard Neumer sprach im Schloss- und Beschlägemuseum über den Bombenkrieg im Zweiten Weltkrieg, der auch Teile Velberts zerstörte, und stellte viele Fakten dar, um mit der ein oder anderen Legende aufzuräumen.

Bomber verbreiteten Angst und Schrecken
Foto: WZ-Archiv

Velbert. „Ich hätte nicht gedacht, dass es möglich ist, fast jeden einzelnen Bombenabwurf auf Velbert aufzuzeigen“, staunte Werner Fischer-Feldsee. Der Ehrenvorsitzende der Abteilung Velbert-Hardenberg im Bergischen Geschichtsverein wusste auch nichts über Flakbodenkrepierer. In seinem Vortrag über den „Bombenkrieg gegen das Land an Rhein und Ruhr sowie gegen Velbert“ reihte Dr. Eduard Neumer viele Fakten aneinander, um volkstümliche Legenden zu korrigieren.

Der bekannte Velberter Historiker holte weit aus: 14 Monate nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde unter Missachtung des Versailler Vetrages das erste Jagdgeschwader der deutschen Luftwaffe aufgestellt. Als schließlich im September 1939 mit dem deutschen Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg begann, erwartete Hitler Luftangriffe auf das Deutsche Reich. Die blieben aus, denn die französische Luftwaffe war nicht einsatzbereit, die Briten konnten nicht viele Maschinen einsetzen. Der erste Angriff im Dezember 1939 auf Wilhelmshaven geriet zu einem Desaster für die Royal Air Force, Zweidrittel der Flugzeuge wurden abgeschossen. Die britische Luftwaffe beschaffte rasch neue, stärke Flugzeuge mit größeren Reichweiten, die Bochum, Essen oder Duisburg bombardierten. Die ersten Bomben in Velbert schlugen in der Nacht vom 26. auf den 27. Juni 1941 im Bereich Heiligenhauser Straße/Flandersbacher Weg ein.

Es folgten weitere Abwürfe von Spreng- und Brandbomben auf Velbert. „Man muss davon ausgehen, dass es Störflugzeuge waren, die die deutsche Bevölkerung durch den Fliegeralarm ängstigen wollte“, vermutet der Geschichtsforscher. Mit dem Eintritt der USA in den Krieg bekam der Luftkrieg über Deutschland eine neue Qualität: Während die Royal Air Force in der Nacht deutsche Städte mit Bombenteppichen überzog, flogen die amerikanischen Bomber tagsüber Präzisionsziele, wie Fabriken oder Bahnkontenpunkte an.

Die britische Luftwaffe konnte ihre Angriffsstärke enorm erhöhen. „Velbert war betroffen, aber nicht angegriffen“, bringt es Dr. Neumer auf den Punkt. „Nach Angriffen auf Leverkusen, Bochum und Essen wurden auf dem Rückflug einzelne Bomben auf Velbert abgeworfen. Die Schäden waren groß, selbst wenn die Bomben auf freiem Feld explodierten. Durch die Druckwellen wurden Fensterscheiben eingedrückt und Dächer abgedeckt. Blindgänger waren auch nicht ungefährlich. So wurden an der Werdener Straße tagelang mehrere Häuser evakuiert, bis die gefährliche Luftfracht entschärft werden konnte. Bei einem Angriff auf die Stadtmitte im August 1943 brannte die Jubiläumshalle ab, 22 Menschen wurden getötet, zahlreiche verletzt.

Eine tödliche Gefahr für die Zivilbevölkerung ging auch von der deutschen Flugabwehr aus: so genannte Flakbodenkrepierer, also Geschosse, die kein feindliches Flugzeug trafen und wieder auf den Boden fielen, töteten und verletzten viele Velberter. Nach der Landung der Alllierten in Frankreich wurden amerikanische und britische Kampfflugzeuge dort verstärkt in Anspruch genommen. Danach war die deutsche Luftwaffe durch Piloten- und Treibstoffmangel so geschwächt, dass die alliierten Bombergeschwader keinen Begleitschutz durch Jagdbomber brauchten. Die Maschinen nahmen im Tiefflug Menschen und Gebäude ins Visier. „Die letzte Meldung der Polizei, die gleichzeitig die Luftschutzleitung war, notiert am 24. März 1945 einen Angriff im Bereich der Dammstraße: neun Verletzte, 19 Wohnhäuser beschädigt.“

Durch Bomben wurden in Velbert insgesamt 61 Menschen getötet, darunter 25 Ausländer, wobei es sich wohl um Zwangsarbeiter gehandelt hat, 160 Personen wurden verletzt. Dr. Neumer zieht einen naheliegenden Vergleich: „In Remscheid wurden in nur einer Nacht, und zwar in der vom 30. auf den 31. Juli 1943, 1164 Menschen getötet und 11000 Wohngebäude beschädigt.“ In Velbert waren die Schäden nicht so schwer wie in den Großstädten, aber trotzdem war die Stadt vom Bombenkrieg betroffen: „524 mal in der Nacht und 504 mal am Tag ertönten die Sirenen, versetzten die Menschen in Angst. Die lauschten, bis das Brummen der Maschinen zu hören war, anschließend warteten sie auf die Einschläge.“

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