Nachbarn, die füreinander da sind

Ehrenamtliche helfen Geflüchteten. Doch ist das nicht immer einfach.

Nachbarn, die füreinander da sind
Foto: Matzerath

Langenfeld. Gemessen an dem heftigen Protest, den der Bau der Flüchtlingsunterkunft an der Theodor-Heuss-Straße ausgelöst hat, könnte man vermuten, dass die „Neuen“ Tür an Tür mit Menschen in Ein- und Mehrfamilienhäusern wohnen. Weit gefehlt.

Nachbarn sind die 120 Bewohner der Unterkunft sich selbst. Und einige Male in der Woche schauen professionelle Nachbarn vorbei — Ehrenamtliche, die Flüchtlinge unterstützen, sie zu Ämtern und Behörden begleiten. Torsten Fuhrmann (50) ist einer von ihnen. Er engagiert sich in der Flüchtlingshilfe Langenfeld und kommt zweimal in der Woche zur Theodor-Heuss-Straße. „Dort werde ich immer zu Kaffee oder Tee eingeladen“, sagt der Helfer. „Und immer muss ich mich entscheiden, bei wem ich meinen Tee trinke, weil die anderen sonst gekränkt sind.“ Das ist so in arabischen Nachbarschaften, weiß auch die gebürtige Marokkanerin Soumia Isberner, die als Honorarkraft bei der Stadt arbeitet und dolmetscht. „Sie laden gerne ein, auch mal zum Essen.“

Doch die Helfer, zu denen auch Frank Schöler (55) gehört, haben kaum Zeit, diese nachbarschaftlichen Gesten anzunehmen und zu genießen. Denn meist drängen beispielsweise der Gang zum Arzt, zur Arbeitsagentur, ins Rathaus oder zur Schule. Rund 120 Flüchtlinge sind derzeit an der Theodor-Heuss-Straße untergebracht. Hauptsächlich Familien. Die meisten sind im vergangenen Jahr gekommen, viele haben bereits eine Aufenthaltserlaubnis und suchen eine eigene Wohnung. Doch das ist in Langenfeld nicht so einfach. Es gibt nicht ausreichend bezahlbaren Wohnraum. „Viele ziehen ins Ruhrgebiet, weil die Wohnungen dort preiswerter sind“, weiß Schöler. Hamrin Ati (25) würde allerdings gerne in Langenfeld bleiben, weil zwei ihrer Kinder dort bereits in die Schule gehen. Hamalin (8) besucht die zweite Klasse in der GGS Brückentor, Delbrin (7) die erste. Beide sprechen schon gut Deutsch. „Ich habe ganz viele Freundinnen in der Schule“, sagt Hamalin stolz. Es gefällt ihr dort. Sie hilft ihrer Mutter beim Einkaufen und dolmetscht.

Gute Nachbarschaft ist bei den meisten Flüchtlingen, die aus Syrien, dem Irak, dem Iran oder aus Afghanistan kommen, eine Selbstverständlichkeit. Das heißt aber nicht, dass es keinen Streit gibt. Gemeinschaftsräume wie Küche oder Duschen müssen gereinigt werden, da kommt es schon einmal zu Auseinandersetzungen, berichteten die Helfer, die ihren selbst gewählten Nachbarn auch in der Stadt begegnen. „Das kommt häufig vor. Dann halten wir ein Schwätzchen und gehen weiter.“ Wie Nachbarn eben.

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