Langenfelder Kneipen - Stammgäste retten die Bilanz

Die Eckkneipe hat es schwer — ein Drittel hat seit 2002 geschlossen. Die WZ hat sich bei Langenfelder Wirten umgehört.

Langenfeld. „Wer heute noch eine Kneipe aufmachen will, der muss sich Einiges einfallen lassen“, meint Anja Münker (43). Die Wirtin hat vor zwei Jahren die „Dorfschenke“ Ewen in Richrath von ihren Eltern übernommen. Sie ist in der Kneipe groß geworden, die bereits seit über 100 Jahren in Familienhand ist. Die Gepflogenheiten in der „Dorfschenke“ sind wie zu Opa Ewens Zeiten. Freitag ist Ruhetag. Es gibt zwei Säle und eine Kegelbahn.

Rolf Schönenborn und Heinz Müllers gehören zur Stammbesetzung an der Theke. Es geht lustig zu. Die beiden Ur-Richrather haben einige Geschichten zu erzählen. Etwa wie Heinz Müllers vor mehr als 40 Jahren seinen Mitschüler vom Kirchturm holen musste, als der angetrunken auf das Gotteshaus kletterte. „Der wäre fast da oben gestorben, wenn ich ihn nicht gerettet hätte!“, schwört Müllers.

Der Altersdurchschnitt der Dorfschenkenbesucher liegt deutlich jenseits der 50. „Junge Leute kommen nur, wenn wir spezielle Mottopartys haben“, sagt Anja Münker. „Wir machen manchmal 1980er- oder Schlagerpartys. Das muss man auch als Kneipenbesitzer, um mal neue Leute anzulocken. Denn die Stammgäste sind ja sowieso da.“ Fragt sich nur, wie lange noch. „Wir werden ja auch immer älter. Bald sind wir weg“, sagt Schönenborn und nippt am Alt.

Seit 2002 hat in NRW nach aktuellen Zahlen des statistischen Bundesamtes fast jede dritte Kneipe schließen müssen. „In Langenfeld sieht man das ja auch“, sagt Rolf Schönenborn. „Von über 40 Kneipen gibt es vielleicht noch 13.“ Die Kneipenkultur stirbt mehr und mehr aus, das spüren die Wirte und die alten Stammgäste.

Ortswechsel: Im „Kabüffken“ an der Hauptstraße hat Wirt Dirk Wilhelm vor sechs Jahren das Ruder übernommen. Die Decken hängen tief, der Zigarettenqualm umhüllt die Stammgäste an der Theke Einer liest Zeitung, die anderen quatschen: Über den FC, das Langenfelder Alt, die Arbeit.

Die Wände im „Kabüffken“ sind mit alten Zeitungsartikeln aus Langenfeld tapeziert, hinter der Bar hängt das Banner des Langenfelder HSV. Für Siegfried Erdmann (68) ist die Bierkneipe seit Jahrzehnten sein zweites Wohnzimmer: „Früher hat man Samstags zum Frühschoppen in keiner Kneipe mehr einen Platz bekommen“, sagt er. „Heute gibt es das gar nicht mehr!“ Wirt Dirk Wilhelm sagt, 80 Prozent seiner Gäste seien Stammkunden. „Andere Gäste kommen nur Tröpfchenweise, oder wenn Fußball läuft. Im ersten Jahr hatten wir noch kein Sky. Da war es hier an Tagen, wo Fußball lief komplett leer.“

Die „Dorfschenke“ ist mittlerweile gut gefüllt. Stammtische haben sich im Schankraum breit gemacht und die Theke ist voll besetzt. Außer Anja Münker und ihrer Mutter Käthe, die in der Küche wirbelt, sind die Gäste männlich. „Wir haben zwar auch einen Damenstammtisch, aber die meisten Stammgäste sind und waren schon immer Männer“, sagt Münker. Doch es habe sich einiges geändert, meint Rolf Schönenborn: „Die Familie geht heute vor. Früher saßen die Männer oft bis in die Nacht in der Kneipe. Heute gucken die meisten schon früh auf die Uhr, weil sie nach Hause müssen.“

Der Wandel in der Gesellschaft ist allgegenwärtig. Die Stimmung unter den Wirten: Wir machen weiter so lange es noch geht, auch wenn es schwierig ist. Gute Nachrichten gibt es vom statistischen Bundesamt: In vergangenen Jahr sind die Umsätze in der Gastronomie wieder gestiegen: Um 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Vielleicht profitieren davon auch die Langenfelder Bierkneipen.

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