Jugendamt: Helfer statt Schreckgespenst

Der Ruf des Jugendamts hat sich gebessert. Das liegt auch am Einsatz der Familienhebamme.

Langenfeld. Ulrich Moenen, Leiter des Fachbereichs Jugend, Schule und Sport ist überzeugt: Der Ruf des Jugendamts hat sich gebessert. Doch die Angst vor dem Amt, die Annahme, dass Sozialarbeiter die Kinder wegnehmen wollen, lasse sich nicht ganz aus den Köpfen der Eltern vertreiben.

„Dabei haben wir die Möglichkeiten der Unterstützung. Je früher die Menschen kommen, desto besser können wir mit ambulanten Hilfen ansetzen — und stationäre vermeiden“, sagt Ulrich Moenen.

Die Anzahl der Eltern, die sich an das Jugendamt wenden, ist laut dem Fachbereichsleiter gestiegen. Die Hemmschwelle ist gesunken, nach Unterstützung zu fragen. Moenen führt das auch auf das gute Netzwerk an beratenden und weiterbildenden Organisationen zurück — die das Jugendamt in ein besseres Licht stellen.

Damit ist Langenfeld in Sachen Bundeskinderschutzgesetz gut aufgestellt. Das neue Gesetz, das zum 1. Januar in Kraft getreten ist, sieht unter anderem vor, frühzeitig an Familien heranzutreten — auch unter Einsatz einer Familienhebamme. In Langenfeld ist diese bereits seit 2008 im Einsatz. Sie und das Begrüßungspaket für Neugeborene ist ein wichtiger Baustein des Netzwerks. Damit werde der Kontakt gleich zu Beginn des Elterndaseins hergestellt — als „unverfängliches Angebot“, so der Fachbereichsleiter. „Es ist eben nicht der Sozialarbeiter, der vorbeikommt und durch den besagten Ruf Ängste oder Befürchtungen auslöst.“

Mit dem Begrüßungspaket wird wiederum die Verbindung zum Netzwerk hergestellt. „Darin enthalten ist ein Gutschein über 50 Euro, der bei den Bündnispartnern der Langenfelder Elternschule einzulösen ist — vom Stillkurs übers Babyschwimmen.“

2008 erreichte die Hebamme 266 von 273 Eltern, 2011 waren es 407 von 410. „Das ist eine bombige Quote“, sagt Moenen. Drei- bis viermal versucht die Familienhebamme die frischgebackenen Eltern zu erreichen, schriftlich und telefonisch. Signalisiert die Familie keine Bereitschaft zur Kontaktaufnahme, fällt der Besuch aus.

Knapp 80 000 Euro lässt sich die Stadt den Einsatz der Familienhebamme und des Begrüßungspakets kosten. Auf Grundlage des neuen Gesetzes könnte der Einsatz nun aber finanziell gefördert werden. „Wir werden versuchen, solche Mittel zu erhalten“, sagt Moenen.

Ein anderer Bestandteil des Gesetzes ist der rechtliche Anspruch von Kindern und Jugendlichen auf Beratung durch das Jugendamt. „Das ist völlig neu. Zuvor hatten nur die Eltern diesen Anspruch, nun werden Kinder und Jugendliche selbst angesprochen“, sagt Moenen. Auch Ärzte und Lehrer haben laut Gesetz nun einen solchen Anspruch, sich zunächst anonym beim Jugendamt beispielsweise über den Verdacht einer Kindeswohlgefährdung zu informieren. „Verhärtet sich der Verdacht, kann sich aber keiner mehr hinter der Anonymisierung verstecken.“

Welche Auswirkungen dieser neue Rechtsanspruch auf das Jugendamt hat, kann noch nicht eingeschätzt werden. „Niemand weiß, wie viel Mehrarbeit das bedeutet.“ Es sei aber nicht vorgesehen, Personal vorzuhalten, das dann später wieder reduziert werden müsste, wenn „Routine reingekommen ist“.

Aber die Stadt hat vorgesorgt — und Erzieherinnen vom deutschen Kinderschutzbund ausbilden lassen. Nun stehen in den Kindertageseinrichtungen 20 sogenannte Kinderschutzfachkräfte als beratende Ansprechpartner bereit.

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