Freiwilliges Soziales Jahr: Ein Jahr prägt fürs Leben

Ein Freiwilliges Soziales Jahr — zum Beispiel bei den Werkstätten für Behinderte — kann viel verändern. Und die WFB brauchen engagierte Menschen.

Langenfeld. Ein kompletter Wechsel in der Berufswahl — dazu hat das Freiwillige Soziale Jahr bei Milan Beinlich geführt. Er hilft Bedürftigen in den Werkstätten für Behinderte (WFB). Statt einer eigentlich geplanten Ausbildung in der Wirtschaft wird der 22-Jährige jetzt ein Studium der Sozialpädagogik anstreben.

„Behinderte sind die aufrichtigsten Menschen“, sagt der Düsseldorfer. Nach einem Probetag in den Werkstätten an der Kronprinzstraße hatte er sich gleich für diese Einrichtung entschieden: „Ich bin super freundlich aufgenommen worden.“ Er unterstützt in der Arbeitsfördergruppe Menschen, die nur wenig leistungsfähig sind, hilft bei alltäglichen Verrichtungen, Fragen und Toilettengängen.

„Es gibt ein Training für Leute, die gern mit dem PC arbeiten, die Excel lernen wollen“, sagt Beinlich. Dabei helfe ihm sein früheres Wirtschafts-Interesse — ein Praktikum in einem Unternehmen nach dem Berufskolleg. „Vor den Toilettengängen habe ich mich gefürchtet“, sagt Beinlich. Das habe sich aber komplett abgebaut.

Die Hilfe auf der Toilette war auch für Julien Jaensch eine Probe: „Anfangs war es komisch. Ich wollte sehen, ob ich das kann“, sagt der 21-Jährige, der in den WFB Werkstätten seinen Zivildienst leistet. Aus der sehr persönlichen Hilfe ergebe sich ein großes gegenseitiges Vertrauen.

Zur WFB kam Jaensch durch seine Schwester Jessica: „Die hat sich im Internet erkundigt. ‘Zivildienst mit der WFB — das wäre doch was’, hat sie gesagt.“ Jetzt hilft er einer Montagegruppe, richtet Maschinen für die Mitarbeiter ein. „Ich gehe jetzt sehr viel offener mit Menschen um. Und ich weiß meine Gesundheit mehr zu schätzen“, sagt Jaensch.

Seinen Berufswunsch hat der Langenfelder in der Zeit mit Behinderten nicht geändert — er will weiter Außenhandelskaufmann werden. „Die Mitarbeiter werde ich aber vermissen. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich so gut mit Menschen mit Behinderungen klar komme“, sagt Jaensch. Um die Lücke bis zur Lehre zu überbrücken, habe er seinen sechsmonatigen Dienst um drei freiwillige Monate verlängert: „Bevor ich einen Job habe, der mir keinen Spaß macht, bleibe ich lieber hier.“

Mit dem Wegfall des Zivildienstes stehen die WFB Werkstätten vor einem Umbruch: „Die Zivildienstleistenden hinterlassen eine Lücke, die nicht leicht zu schließen ist“, sagt Heinrich Feilhauer, Geschäftsführer des kreiseigenen Unternehmens. Vermehrt bemühe sich die Einrichtung um junge Leute, die ein Freiwilliges Soziales Jahr leisten wollen. Eine weitere Idee sei, behinderte Mitarbeiter als Alltagsbetreuer auszubilden. „Wir bieten Plätze für den Bundesfreiwilligendienst an, nur weiß noch niemand, wie dieser Dienst angenommen wird.“

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