Plaudereien im Friseursalon

Die WZ hat 60 Minuten im Laden „Kopfarbeit“ am Neuen Markt verbracht — und gelauscht, was zwischen Fön und Kamm so alles erzählt wird.

Haan. Mona (4) steht mit großen Augen vor dem Friseurstuhl von „Kopfarbeit“ am Neuen Markt. Die Sitzfläche reicht ihr fast bis zum Bauchnabel, und sie scheint nicht so recht zu wissen, wie sie hinauf kommen soll. Pia Berger holt ein großes Kissen, legt es auf den Drehstuhl und hilft Mona beim Aufstieg. „Was darf’s denn heute sein?“, fragt die Friseurin und blickt zu Monas Mutter, Katrin Herzog. „Da muss ein ganzes Stück ab, vor allem am Pony.“

Es ist Monas zweiter Friseurbesuch. Um es Pia Berger einfacher zu machen, hat sie schon mal vorgearbeitet: Einige Strähnen sind deutlich kürzer als der Rest — sie hängen fransig in Kinnhöhe. „Sie hat heute Morgen einfach ein Stück selbst abgeschnitten“, erzählt ihre Mutter und zuckt mit den Schultern.

Während Mona erst einmal eine Haarwäsche bekommt, ist Helga Dess schon fast fertig. Pia Berger macht noch den letzten Schliff und zieht langsam eine Rundbürste durch das Haar, während sie mit der anderen Hand den Föhn hält.

Das laute Rauschen neben ihrem Ohr hält Helga Dess nicht davon ab, sich mit ihrer Lieblingsfriseurin zu unterhalten. „Das Wetter ist wirklich furchtbar. Dabei haben die für den Haaner Sommer extra so schön Sand aufgeschüttet“, sagt sie und versucht mit ihrer Stimme gegen den Föhn anzukommen. Pia Berger nickt zustimmend und greift nach dem Haarspray. Eine dichte, klebrige Wolke legt sich über Helga Dess’ Kopf — zum Schutz legt die Friseurin ihre Hand vor die Augen der Kundin.

Auf dem Nachbarstuhl nimmt Michael Hauck Platz. „Was darf ich heute für Sie tun?“, fragt Salonbesitzer Frank Richter. „Wie immer“, antwortet Hauck und legt Schlüsselbund, Brille und Handy auf die Ablage vor sich. Schweigen. Frank Richter fährt mit seinem Rollhocker einen Halbkreis — von links nach rechts und wieder zurück. Die Schere gleitet durch das kurze schwarze Haar, die ersten Strähnen fallen. „Ach übrigens, wir haben den Laden hier gegenüber vermietet“, sagt Hauck. Richter hält einen Moment inne: „Endlich tut sich mal was. Ich fand es immer Schade, dass ein Ladenlokal in guter Lage so lange leer steht, fast ein Jahr.“ Wieder Schweigen. Männer kommen zum Haare schneiden zum Friseur, nicht zum quatschen.

An Michael Haucks Füßen bewegt sich ein weißes Fellknäuel. Er scheint etwas erschrocken, merkt aber noch gerade rechtzeitig, dass eine schnelle Kopfbewegung in Richtung des weißen Etwas mit einer Schere im Nacken keine gute Idee wäre. „Timo aus, mach Sitz“, zischt Frank Richter. Salonhund „Destino“, von allen aber nur „Tino“ gerufen, lässt sich von Herrchen nicht weiter stören und schnuppert an den frisch herunter gefallenen Haarbüscheln.

Mona bemerkt den Chihuahua, der mittlerweile zum Schaufenster getrabt ist, um das Geschehen in der Fußgängerzone zu beobachten. „Wie süß“, ruft die Vierjährige. „Guck mal Mama.“ Dass ihre Mutter immer noch neben ihr sitzt, ist Mona gar nicht recht. „Warum gehst du nicht?“ — Mona will ganz alleine beim Friseur sitzen — wie die Großen eben. „Na gut, dann gehe ich eben zum Bäcker.“ Pia Berger schneidet derweil Monas Pony. Die fallenden Haare kitzeln, Mona kräuselt ihre Nase. „Fertig“, sagt die Friseurin. Mona springt mit einem Satz vom Stuhl. „Und, zufrieden?“, fragt Pia Berger. Mona guckt kritisch in den Spiegel. Sie nickt und grinst.

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