Lesepaten verschenken Zeit

Für die Schüler der Don-Bosco-Grundschule ist der Vorlesetag etwas ganz Besonderes.

Lesepaten verschenken Zeit
Foto: Olaf Staschik

Marie liegt eingekuschelt in einer warmen Decke auf ihrer Isomatte, mitten auf dem Boden des Klassenzimmers der 4a, umringt von ihren Mitschülern, die es sich ebenfalls gemütlich gemacht haben. Manche haben ein Plüschtier im Arm, andere liegen im Schlafsack und stützen den Kopf mit den Händen auf. Man könnte eine Stecknadel fallen hören, so still ist es.

Gebannt lauschen alle den Worten von Vorleser Goetz Markgraf, verfolgen die Geschichte rund um Lukas und den geheimnisvollen Geheimwald mit konzentriertem Blick und offenen Mündern. „… ein Licht leuchtete auf, ein weiß blaues Licht, es blinkte aus der Entfernung und gleichzeitig erhallte ein zischendes Geräusch……“, liest Markgraf, unterstützt seine Worte mit Mimik und Gestik, ändert die Stimmlage, lässt den Atem stocken, macht bewusste Sprechpausen, schaut in die Runde, blickt in zahlreiche, gefesselte Gesichter. Goetz Markgraf ist kein klassischer Lesepate, er ist Buchautor, hat vor allem durch seinen Beruf, aber auch durch die eigenen Kinder viel Erfahrung. Das Lesen für Kinder macht ihm besonders viel Freude: „Ich genieße es, in die verschiedenen Rollen schlüpfen zu können, Schauspieler zu werden. So kann man die Zuhörer regelrecht mitnehmen in eine andere Welt.“ Auch in der Klasse 1a wird vorgelesen. Beate Mathys, vierfache Mutter, hat die Geschichte vom Hasen Primel mitgebracht, der vom Igel wegen seiner Zähne beleidigt wird und dadurch sein Selbstvertrauen verliert.

„Ich habe darauf geachtet, dass die Geschichte nicht zu lang ist und es viele schöne Bilder gibt, um die Kinder einzufangen“, erklärt die engagierte Lesepatin. Einige Kinder haben sich um Beate Mathys geschart und lauschen gebannt, leiden mit Hase Primel und freuen sich am Ende, weil natürlich alles gut und die Botschaft deutlich wird: Wenn man jemanden lieb hat, kommt es nicht drauf an, wie er aussieht. Die Kinder klatschen, sind begeistert.

Vorlesen bedeutet, Zeit zu schenken, sich dem Gegenüber zu widmen. „Meine Mama hat tagsüber wenig Zeit und abends kommt sie dann und liest und ist nur für mich da, das ist toll“, schwärmt die neunjährige Marie und die sechsjährige Pauline erklärt: „Ich mag es lieber, wenn meine Mama mir abends vorliest, als eine CD zu hören, weil meine Mama eine viel schönere Stimme hat“. Schulleiterin Annegret Buchart ist stolz darauf, dass es an der Don Bosco Grundschule nie an Lesepaten mangelt, viele Eltern und ehemalige Lehrer sich engagiert beteiligen. Mittlerweile sind auch zahlreiche Väter darunter. „Bei uns zu Hause liest mein Mann abends sehr gerne vor, weil er ja den ganzen Tag keine Zeit für die Kinder hat. Er schafft es, dass sie danach dann auch wirklich im Bett bleiben.

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