Hirschkäfer krabbeln im Ittertal

Wegen des warmen Frühjahrs ist die Flugsaison der großen Käfer schon fast zu Ende. Naturschützer sammeln Daten.

Haan. Lucanus cervus ist sein wissenschaftlicher Name. Und er zählt zu den europaweit geschützten Flora-Fauna-Habitat-Arten. Gerade sind Naturschützer wieder auf der Pirsch — um Fakten zu sammeln, wie es um die bekannten Populationen bestellt ist. „Wir waren drei Abende im Ittertal unterwegs, hatten nach kurzer Zeit jeweils 40 Käfer gesehen — alles Männchen“, berichtet Armin Dahl. Der Insektenfachmann der Arbeitsgemeinschaft Natur und Umwelt (Agnu) Haan erzählt, jeder Käfer sei mit einem Tropfen Nagellack markiert und sofort wieder freigelassen worden. Kein Tier sei mehrfach gesichtet worden.

Als Lebensraum nutzt der Hirschkäfer alte Eichen- und Eichenmischwälder sowie Buchenwälder mit einem entsprechenden Anteil an Totholz beziehungsweise absterbenden Althölzern in südexponierte, wärmebegünstigter Lage. Käfervorkommen im Kreisgebiet sind das Ittertal in Haan, die Ruhrhänge in Isenbügel, der Bereich Velbert Langenberg. In Düsseldorf-Gerresheim gibt es eine weitere größere Population. Kernvorkommen in NRW liegen am Unteren Niederrhein (Kreis Wesel), im Münsterland (Kreis Recklinghausen), im Weserbergland (Kreise Höxter, Minden-Lübbecke, Lippe), in den Randlagen des Bergischen Landes (unter anderem im Kreis Mettmann) sowie am Nordrand der Eifel und im Köln-Bonner Raum.

Obwohl die Käfer so groß sind, können sie recht gut fliegen. Männchen schaffen mehr als zwei Kilometer, Weibchen etwa 800 Meter. Regelmäßig verirren sich in den Sommermonaten fliegende Hirschkäfer in Wohnungen, auf Balkone, landen in Gartenteichen und Regentonnen, werden auf Straßen überfahren oder auf Wanderwegen plattgetreten. Das lässt sich in dicht besiedelten Regionen nicht verhindern, Verluste gehören zur Überlebensstrategie dieser Art dazu. Lebende Hirschkäfer können vorsichtig in eine Schachtel gesetzt, mit Marmelade, Malzbier oder Zuckerwasser aufgepäppelt werden, und sollten dann möglichst in der Dämmerung in den nächsten passenden Wald, Park oder großen Garten gebracht werden. Dort setzt man sie am besten in die Nähe eines Holzstapels oder ins Laub, wo sie rasch verschwinden können. „Bitte vorher mit einer Digitalkamera oder dem Handy ein Belegfoto machen und uns mit den Funddaten zukommen lassen, am einfachsten mit einer E-Mail mit Angaben zum Fundort und Datum!“, fordert Armin Dahl zum Mitwirken bei der Datensammlung auf.

Tote Hirschkäfer sollten ebenfalls dokumentiert werden. Regelmäßig werden zu Beginn der Schlüpf- und Fortpflanzungsperiode sogenannte „Schlachtfelder“ entdeckt, auf denen „Hirschkäfermassaker“ stattgefunden haben. Dabei liegen oft viele Dutzend mehr oder weniger tote Hirschkäfer auf Wegen oder in der Nähe der „Rammelbäume“ herum, angefressen von Igel, Waldkauz oder Krähenvögeln. „Das gehört mit zur Biologie des Waldes: Nur wo Hirschkäfer wirklich häufig sind, lohnt es sich für bestimmte Tiere, sich darauf als Nahrung zu spezialisieren“, wissen die Insektenkundler.

Achtung: Vor allem in Regentonne oder Pool scheinbar ertrunkene Käfer sollten erst einmal auf Küchenkrepp gesetzt und beobachtet werden. Ins Wasser gefallene Käfer können oft tagelang überleben, brauchen dann auch viele Stunden, um sich zu berappeln.

Ist der Käfer wirklich tot und noch gut erhalten, kann das nächste Naturkundemuseum verständigt werden. In England hat die Hirschkäferpirsch eine lange Tradition, die gartenverrückten Menschen bieten die Aktion „A bucket for a beetle“ an, einen Eimer für einen Käfer. Bilder und Betriebsanleitungen für den Käfereimer und Hirschkäfermeiler finden sich sich im Internet. Wer im Garten schon alles hat kann es vielleicht mal mit einem Käfereimer oder einem Totholzstapel versuchen.

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