Die Suche nach dem Notfallarzt — eine Odyssee

Eine Familie hat erfahren müssen, was die Schließung der Kinderarzt-Notfallpraxis bedeutet.

Hans und Katja mit ihren Kindern Erik und Sarah.

Hans und Katja mit ihren Kindern Erik und Sarah.

Foto: ola

Hilden. Am Freitagabend ging es los. Da ging es dem kleinen Erik schlecht, das 18 Monate alte Kind fieberte, hatte Schwellungen und seine Eltern wollten ihm schnell helfen. Nur wohin kurz nach Schließung der Arztpraxen? „Früher wären wir zum St. Martinus nach Langenfeld gefahren“, sagt Vater Hans O.. Es sollte eine regelrechte Odyssee für die Familie werden. Denn die Lage ist für Uneingeweihte völlig unübersichtlich: Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) und die niedergelassenen Kinderärzte streiten erbittert über das weitere Vorgehen. Die KV will, dass die Ärzte in ihren eigenen Praxen Notdienst tun, während der Obmann der Kinderärzte im Südkreis, Holger Muscheid, das ablehnt.

Offenbar gibt es aber einige Ärzte, die nach Feierabend Dienst tun, denn eine eigens eingerichtete Hotline sagt den Anrufern, wo sie diese Praxis finden können. Diese Nummer — die 116117 — hat auch die Familie gewählt. Dauerschleife, auch nach 15 Minuten kein Durchkommen. Währenddessen erreicht Hans O. das Hildener Krankenhaus. Auch dort nur der Verweis auf die Nummer und eine klare Absage. „Es ist unglaublich, wie mit kranken Kindern umgesprungen wird“, sagt der Vater

Krankenhaus-Sprecherin Cerstin Tschirner wirbt um Verständnis: „Wir sollen auf die Nummer verweisen. Zudem sind die Klinikambulanzen für Unfälle und lebensbedrohlich Erkrankte da.“ Er ist sicher, dass die Zahl derjenigen, die den Notruf 112 wählen, künftig drastisch steigt — auch wenn gar keine Lebensgefahr vorliegt. „Einfach, weil man nicht mehr weiß, was Sache ist.“ Das sieht auch Obmann Muscheid so.

Er glaubt, dass die Lage im April noch dramatischer sein wird, wenn nur noch zwei Praxen in Velbert und Ratingen zuständig sind und die Kinderärzte selbst den jetzigen Notdienst im Südkreis nicht mehr anbieten können.

Der Vater fährt jedenfalls mit dem fiebernden Kind nach Solingen, „eine Gurkerei ohne Ende“. Dort, in der kinderärztlichen Notfallpraxis in den Räumen der Zentralen Notfallambulanz des städtischen Klinikums an der Gotenstraße, wird Erik behandelt, bekommt der Vater zwei Rezepte mit, die er teilweise am Abend noch einlösen kann. Um 23.30 Uhr liegt das Söhnchen endlich versorgt im Bett, die Eltern sind erschöpft und bleiben ratlos zurück: Müssen wir in einem solchen Fall wirklich bis Solingen oder nach Düsseldorf fahren? Ab April sicherlich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort