Die Kugel ist die perfekte Form

Alles strebt zur Form der Kugel, sagt Physiklehrer Witold Staniek. Firmen wissen das.

Die Kugel ist die perfekte Form
Foto: Andreas Woitschützke

Warum formen sich Tropfen zu einer Kugel? Warum ist der Eidotter rund? Warum sind es die Planeten? Witold Staniek, Lehrer für Physik und Mathematik an der Fabry-Realschule in Hilden, weiß die Antwort: „Die Kugel ist die perfekte Form. Jeder Körper sucht nach dem für ihn stabilsten Zustand“, erläutert der Pädagoge. Und könnten alle Körper ihre eigene Form wählen, dann wären sie eine Kugel. Darin steckt vielleicht ein wenig Trost für genussfreudige Menschen, die ein paar Pfunde zuviel auf die Waage bringen: Eigentlich nähern sie sich nur der perfekten Form an.

Das ist das Besondere an der Kugel: „Sie hat die kleinste Oberfläche im Vergleich zum vorgegebenen Volumen“, erläutert Staniek. Damit ist sie auch am stabilsten. Das zeigt sich beispielsweise bei einem Hühnerei.

Nicht gerade eine perfekt geformte Kugel, aber das Ei weist trotz seiner eigenwilligen Form eine ähnliche Stabilität wie eine Kugel auf: Wer versucht, ein rohes Ei in seiner Hand zu zerdrücken, wird schnell aufgeben. Obwohl die Schale nur rund 0,4 Millimeter dick ist, bietet sie in ihrer gebogenen Form doch enormen Widerstand. Kugeln sind, mathematisch gesehen, Alleskönner. „Sie können in alle Richtungen rotieren, haben unendlich viele Symmetrieachsen. Es wird beim Rollen keine Richtung bevorzugt. Es ist alles möglich“, erläutert Staniek.

Diese Eigenschaften macht sich auch die Industrie zunutze. So zum Beispiel der Multitechnologiekonzern 3M, dessen größtes europäisches Werk in Hilden ansässig ist. So stellt die Firma 3M unter anderem Glashohlkugeln her, so genannte „Glass Bubbles“. Wirtschaftsingenieur Marcel Döring, zuständig für die Applikationsentwicklung und technische Beratung, hält ein Gefäß mit einem weißen Pulver in der Hand. Doch das Pulver sind in Wirklichkeit Glashohlkugeln mit einem Durchmesser von jeweils 65 Mikrometer. Ein menschliches Haar hat im Schnitt einen Durchmesser von rund 50 Mikrometern.

Die hohlen Kügelchen von 3M sind in vielen Produkten zu finden. „Sie werden häufig genutzt, um Gewicht zu reduzieren“, erläutert Döring.

So werden die „Glass Bubbles“ beispielsweise in Kunststoffe und Klebstoffe gemengt. Damit ausgestattet sind Autos oder Flugzeuge gleich ein wenig leichter. Das senkt den Spritverbrauch, ist also eine ökologisch runde Sache. Zugleich erzielen die Kügelchen in Wandfarben gemischt eine isolierende Wirkung und vermeiden so die Bildung von Kondenswasser. So kann sich kein Schimmel bilden.

Doch warum sind es Glaskugeln und nicht Würfelchen oder Pyramiden? „Würfel würden schneller zu einem Viskositätsanstieg führen“, sagt Döring. Mit Viskosität ist die Zähflüssigkeit gemeint. Sind einer Flüssigkeit Kügelchen statt Würfel beigemengt, bleibt sie flüssiger und ist damit länger streich- und verarbeitungsfähig als bei anderen geometrischen Formen. Zudem gebe es dank der Kügelchen weniger Rissbildung, „man muss nicht so viel nacharbeiten“, sagt der Wirtschaftsingenieur.

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