Demenzbetreuung: Auszeit vom Dauerstress

Im Haus am Park wird Menschen geholfen, die Pflege ihrer Angehörigen zu bewältigen — indem ihnen Zeit verschafft wird.

Haan. An einem Samstagnachmittag zum Schwimmen fahren? Davon kann Michaela Gaca nur träumen. Die 48 Jahre alte Haanerin, die als Schwimmlehrerin im Schichtdienst im Hallenbad arbeitet, pflegt ihre Großmutter. Seit fünf Jahren lebt sie auch bei Michaela Gaca.

Die 93-Jährige ist dement, kann nicht mehr sprechen und braucht eine ständige Betreuung. „Wir sind ans Haus gefesselt“, sagt Michaela Gaca. Geht sie arbeiten, spannt sie ihre Mutter, ihre Brüder, ihren Lebensgefährten und ab und zu auch dessen zehn Jahre alten Sohn ein. Alleine lassen kann sie ihre Großmutter nicht mehr.

Jeden Mittwochvormittag bringt sie ihre Oma für drei Stunden in die Gute Stube im Haus am Park. Dort kümmern sich im Umgang mit Demenzkranken geschulte ehrenamtliche Frauen und Männer um Menschen wie die Großmutter von Michaela Gaca. „Meine Oma läuft mir hinterher wie ein kleines Kind. So kann ich nicht putzen“, sagt sie. Ist die Oma in der Guten Stube kann sie endlich die Dinge erledigen, die sonst nicht möglich sind.

Aber weil es morgens schon mal länger dauern kann, bis sie ihre Großmutter gewaschen und angezogen hat („Meine Oma hat gar kein Zeitgefühl mehr“), wäre es ihr lieber, sie könnte ihre Großmutter auch am Nachmittag in die Gute Stube bringen.

Eine tägliche Betreuung von Menschen mit Demenz, auch am Wochenende, ist das erklärte Ziel von Elke Groß. Die Geschäftsführerin des Hauses am Park engagiert sich aktiv im Demenznetzwerk Haan. Die Gute Stube hat sie nicht nur ins Leben gerufen, sie baut sie kontinuierlich aus.

Ab Mai will sie auch an zwei Nachmittagen öffnen. „Weil es für die Angehörigen oft schwierig ist, beispielsweise ihre Oma oder Mutter rechtzeitig fertig zu machen, damit sie um 9 Uhr in der Guten Stube sind“, sagt Groß.

„Manchmal fühlen die die Menschen nicht so gut, manchmal ist es einfach nicht zu schaffen.“ Zum Beispiel wenn die Großmutter von Michaela Gaca im Badezimmer so viel Spaß mit dem warmen Wasser im Waschbecken und ihrem Spiegelbild hat, dass sie einfach nicht aus dem Bad zu bekommen ist. „Meine Oma erkennt sich nicht mehr, sie denkt, sie sieht ihre Freundin“, sagt ihre Enkelin.

Und weil sie ihre Großmutter nicht mit Gewalt aus dem Badezimmer holen will, lässt sie ihr einfach die Zeit — und ist dann eben nicht um 9 Uhr in der Guten Stube, sondern erst um 9.40 Uhr.

„Allerdings können wir den Ausbau der Betreuung nicht mehr nur mit ehrenamtlichen Mitarbeitern leisten“, sagt Elke Groß. Und deshalb hat sie für die Betreuung am Nachmittag Ute Dörr eingestellt. Die ausgebildete Betreuungskraft für Demenzkranke hat dreieinhalb Jahre in einem Altenheim gearbeitet, jetzt will sie sich in der Guten Stube engagieren — zunächst als geringfügig Beschäftigte.

„Mein Wunsch ist es, sie mindestens als Halbtagskraft anzustellen“, sagt Groß. Je nachdem, ob die Nachfrage nach Betreuung in der Guten Stube mit Ausweitung der Öffnungszeiten steigt.

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