Begleithund Sam — Helfer auf vier Beinen

Heike Stratmann sitzt seit sechs Jahren im Rollstuhl. Seit Februar bereichert ein Labrador ihr Leben, den sie zum Begleithund ausbildet.

Gruiten. Heike Stratmann macht eine einzige Bewegung. Sie streckt die Hand aus. Sam legt sich hin, schaut sein Frauchen erwartungsvoll an. Es gibt ein Leckerli zur Belohnung. „Labradore sind sehr verfressen“, sagt die 45 Jahre alte Haanerin. Das mache es leicht, sie auszubilden. Und genau das macht Heike Stratmann mit dem ein Jahr alten Rüden. Jeden Tag aufs Neue.

Der Hund mit dem hellen Fell und den dunklen treuen Augen ist Heike Stratmanns Schatten, ihr ständiger Begleiter, ihre Hilfe und Unterhaltung. Heike Stratmann sitzt seit sechs Jahren im Rollstuhl. Sie leidet an Multiple Sklerose, die inzwischen auch ihren rechten Arm in Mitleidenschaft zieht. Jetzt muss die Rechtshänderin alles mit Links machen. Den Hund füttern, den Joystick auf der rechten Seite ihres Rollstuhls bedienen, das Telefon aus der Halterung an ihrem Fortbewegungsmittel ziehen. Fällt ihr dieses aus der Hand, ist Sam zur Stelle. Ohne Befehl hebt er das Gerät und bringt es Heike Stratmann. Zugegeben, das Telefon ist etwas angesabbert, aber das stört in diesem Fall niemanden.

„Mit meiner Geschichte möchte ich behinderten Menschen Mut machen. Geht nicht, gibt es nicht. Auch mit Rolli geht so etwas“, sagt sie. Und weiß aber auch, dass es ohne den durch den Züchter gut ausgesuchten Vierbeiner, die Gruitener Hundetrainerin Britta Wimmers und ihre Familie nicht so gut funktionieren würde.

Die Entscheidung, sich einen Hund anzuschaffen und ihn zum Behindertenbegleithund auszubilden, haben weder Heike Stratmann, ihr Mann Guido noch ihre zehn Jahre alte Tochter bereut. Sam ist zum Familienmitglied geworden, das keiner mehr missen möchte.

Auf den Hund gekommen sind die Stratmanns durchs Fernsehen und den dort auftretenden Hundetrainer Martin Rütter. Es war vor allem Guido Stratmann, den die Berichte über Hunde, die Rollstuhlfahrern im Alltag helfen, faszinierten. Schließlich ließ sich auch seine Frau mit der Aussicht, in ihren mit unter tristen Tagesablauf etwas Frohsinn zu bringen, von der Idee, einen Hund anzuschaffen und auszubilden, anstecken.

Seit dem 19. Februar gehört Sam zur Familie Stratmann. Dass er heute allein auf Gesten reagiert, ist das Ergebnis eines täglichen Trainings mit professioneller Unterstützung. „Fünfmal kam die Hundetrainerin zu uns nach Hause. Wir üben drinnen für draußen“, erzählt Heike Stratmann. Zweimal am Tag führt sie ihn Gassi, auch ohne Leine. So sicher fühlt sie sich schon. „Aber mit seinem Knurren komme ich noch nicht klar“, gesteht sie. Denn wenn ein Mann seinem Frauchen zu nahe kommt, knurrt Sam. „Das ist der Beschützerinstinkt“, sagt sie, weiß aber nicht, wie ihr Hund reagiert, wenn ein Mann, den er nicht kennt, auf ihn zu kommt. „Aber nächste Woche kommt die Hundetrainerin“, sagt sie. Und dann wird wieder trainiert.

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