Arbeitsunfall in Haan setzt Strahlung frei

Bei der Firma IT-Service Leipzig trat bereits am 12. Dezember radioaktives Selen-75 aus. Das Landesinstitut für Arbeitsgestaltung NRW gab Entwarnung. Doch Gerüchte wuchern.

Arbeitsunfall in Haan setzt Strahlung frei
Foto: Olaf Staschik

Haan. Bei einem Arbeitsunfall, der sich bereits am 12. Dezember bei der Firma IT-Service Leipzig an der Bergischen Straße in Haan ereignet hat, ist der radioaktive Stoff Selen-75 freigesetzt worden. Das Landesinstitut für Arbeitsgestaltung Nordrhein-Westfalen hat daraufhin die Strahlenbelastung bei insgesamt 79 Beschäftigten gemessen. 57 davon hatten Belastungen von weniger als 0,1 Millisievert. Bei 16 Personen wurden Werte zwischen 0,1 und ein Millisievert gemessen. Sechs Beschäftigte wiesen Belastungen zwischen ein und vier Millisievert auf.

Wie das NRW-Arbeitsministerium mitteilt, beträgt die natürliche Umgebungsstrahlung in Deutschland etwa vier Millisievert pro Jahr. „Deshalb wird auch für die sechs Beschäftigten mit den höchsten Expositionen kein Grund zur Sorge gesehen“, heißt es in einer Erklärung des Arbeitsministeriums. Diese wurde erst am 23. Dezember im Internet veröffentlicht. Darin ist lediglich von einem Störfall „bei einer Firma im Regierungsbezirk Düsseldorf“ die Rede.

Dass es sich um ein Unternehmen aus Haan handelt, wurde gestern durch eine E-Mail bekannt. Peter Zimmermann, Sprecher der Firma IT-Service Leipzig, bestätigt den Vorgang: Der radioaktive Stoff sei bei der Wartung eines technischen Strahlengerätes aus einem gerade mal drei Millimeter großen Werksteil ausgetreten. Es sei der erste Unfall dieser Art im Unternehmen gewesen. Das Gerät — aus dem Ausland eingesandt — sei zuvor vom Anwender falsch bedient worden.

Auszug aus der Erklärung des NRW-Arbeitsministeriums, das auf eine natürliche Umgebungsstrahlung von 4 Millisievert pro Jahr hinweist

IT-Service Leipzig produziert und repariert in Haan Geräte, mit denen mittels radioaktiver Substanzen feste Baukörper wie beispielsweise Brückenpfeiler durchleuchtet werden können. Der Betrieb beschäftigt Zimmermann zufolge 15 Mitarbeiter.

Dass die Zahl der Betroffenen höher ist, liegt daran, dass sich auf dem Gelände mehrere Firmen befinden. Zurzeit des Unfalls hielten sich dort 90 Personen auf. Allen wurden laut Thomas Hauberichs, Sprecher des zuständigen NRW-Arbeitsministeriums, vorsorgliche Strahlenmessungen auch ihrer Wohnungen und Fahrzeuge angeboten, „um den Beschäftigten Sicherheit zu geben“. 79 nahmen das Angebot an. Weil es in einer Wohnung unklare Messergebnisse gab, wurde dem Bewohner geraten, sie nicht zu betreten. Er soll bei Freunden übernachtet haben. Nachdem Fußmatten und Schuhe entsorgt wurden, gab es weitere Messungen — und Entwarnung. Es werde laut Hauberichs aufgrund der äußerst geringen und unbedenklichen Strahlenbelastung „kein Grund zur Sorge gesehen.“ Nachbarn in der Umgebung seien durch das Ereignis nicht betroffen.

Wie Firmensprecher Zimmermann berichtet, wurde der Raum im Keller des Unternehmens, in dem der Unfall geschah, gesperrt. Ebenso die Räume, die darüber liegen. Ein in Bayern ansässiges, zertifiziertes Fachunternehmen soll die kontaminierten Flächen nun reinigen. Das werde durchaus mehrere Wochen in Anspruch nehmen.

Auch bei einer benachbarten Firma sei der Verwaltungstrakt verunreinigt worden. Wegen der Betriebsferien ist dort zurzeit jedoch niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. Sind alle betroffenen Räume gesäubert — Thomas Hauberichs vom NRW-Arbeitsministerium stellt dazu fest: „Das ist Sache des Unternehmens selbst“ — werde die Bezirksregierung Düsseldorf als atomrechtliche Aufsichtsbehörde das Ergebnis zeitnah überprüfen.

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