Monheim: Eine Urkunde und ihre Folgen

Stadtgeschichte: Vor 50 Jahren bekam Monheim Stadtrecht. Ein Rundgang durch fünf Jahrzehnte Monnemer Geschichte.

Monheim. Es ist ein nur Stück Papier, vergilbt und mit verschnörkelten Buchstaben versehen, das Geschichte anfassbar macht. Und doch bescheinigt die heute ein halbes Jahrhundert alte Urkunde der Stadt Monheim, dass sie wirklich "Stadt" und nicht "nur" Gemeinde ist. Ein 50. Geburtstag fordert so langsam mal zum zeitraffenden Rückblick auf.

Was also war los in Monheim in diesem halben Jahrhundert Stadtgeschichte? Wir schreiben das Jahr 1960 und geraten mitten hinein ins "Wirtschaftswunder": Die Gemeinde Monheim befleißigt sich seit knapp zehn Jahren der inflationären Industrialisierung.

Die Raffinerie der Shell AG beschäftigt rund 600 Angestellte, die "Dr. Schwarz GmbH" expandiert von der Mittelstraße aus in die ganze Welt, Hefefabrik, Brauerei und Rheinische Pappenfabrik sorgen für den Rest des üppigen Wohlstands der Monheimer.

Schon seit 1951 gehört Baumberg dazu, von wo aus es getönt hatte: "Lieber hundertmal nach Monheim als einmal nach Düsseldorf eingemeindet werden."

Zwar weiß niemand so recht, in wessen Kopf dann die Idee entstand, doch die Landesregierung sah sich 1960 tunlichst veranlasst, Monheim eine Stadt zu nennen.

Archivar Michael Hohmeier vermutet: "Der Impuls lag in der Eingemeindung Hitdorfs. Da Hitdorf aber Stadt war, gingen dabei ihre Stadtrechte unter." Und andere auf, nämlich diejenigen, die heute gefeiert werden - die Verwaltung Hitdorfs oblag ja ohnehin schon dem Amt Monheim.

Mit den Stadtrechten beginnt auch der Bau-Boom: Das Berliner Viertel und Baumberg-Ost schießen aus dem Boden, und innerhalb von gut zehn Jahren wächst die Einwohnerzahl von 13 000 auf knapp 40 000.

Dörfliche Strukturen sind längst passé: Sechs Grundschulen, vier Hauptschulen, eine Sonderschule, zwei Realschulen, ein Gymnasium und eine Gesamtschule werden gegründet. Neben den Gewerbeeinnahmen fließen also auch noch Fördermittel in die bereits prall gefüllten Kassen der Stadt.

"Man kam mit dem Geldausgeben kaum hinterher", weiß Hohmeier und fügt hinzu: "Andere Städte und Gemeinden guckten immer neidisch nach Monheim hinüber." Dabei ändert sich durch den Titel Stadt nichts: Eine Gemeinde besitzt nicht weniger Rechte als eine Stadt. Die neuen Rechte Monheims waren schlicht eine nette Auszeichnung.

"Monheim hat Bedeutung", sagt seitdem der Titel "Stadt" einem jeden, der die Stadtgrenze in diesem Wissen überschreitet. Dann der Dämpfer: In den 1970er-Jahren erreicht eine Welle kommunaler Neugliederungen im Lande auch Monheim. Und die Düsseldorfer Nachbarn strecken die Arme weit aus - 1974 ist Monheim plötzlich nur noch deren Vorort.

Gekränkt reicht man eine Klage beim Verfassungsgericht ein, zusammen mit rund 100 anderen eingemeindeten "Geschädigten" NRWs. Nur etwa drei bis fünf haben Erfolg. Monheim gehört dazu. Nach eineinhalb Jahren hat der kurze Zwischenspuk verlorener Autonomie ein Ende.

Nichtsdestotrotz sind die Zeiten des großen Aufschwungs vorbei. Die Shell schließt, auch andere Unternehmen wandern ab. "Das, wovon einst die Stadtrechte stammten, brach weg", erzählt Archivar Hohmeier.

Also bemüht sich Monheim nicht mehr nur um Zuwachs, sondern auch um städtebauliche Symbolik: Eine richtige Stadtmitte soll es sein, zum Einkaufen und Flanieren und um den neuen mit dem älteren Teil Monheims zu verbinden.

Der Bau des Rathauscenters, das fortan auch die Verwaltung zentralisiert, prägt die letzten Jahrzehnte des alten Jahrtausends.

Und heute? Das Center III steht auf dem Plan. Und in den letzten 15 Jahren verzeichnet Monheim die zunehmende Ansiedlung neuer Unternehmen - schließlich müssen einstige Gewerbeeinbrüche kompensiert und die dazugehörigen Kassen aufgefüllt werden.

"Das ist der Weg", sagt Hohmeier. Und wie anstrengend der auch sein mag, die Stadtrechte können Monheim wohl kaum wieder aberkannt werden - daran dürften auch die langen Arme Kölns und Düsseldorfs nicht rütteln.

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