Monheim: Der erste Besuch fällt schwer

Bei der Monheimer Tafel können sich Bedürftige mit Lebensmitteln eindecken. Schwer zu schaffen machen der Einrichtung laut Organisatoren die Müllgebühren.

Monheim. Der Nieselregen an der Brandenburger Allee benetzt die Haare von älteren Frauen mit Plastiktüten, Müttern, die ihren Kindern hinterherjagen, Männern in zerschlissenen Hosen und die Griffe von einem Dutzend Rollatoren.

Die parken zuhauf vor der karitativen Einrichtung "Tafel" in Monheim, ebenso wie ein paar Kinderwagen. Jean (2) sitzt in einem von ihnen und wirkt sehr zufrieden damit, dass er seinen Brei noch mit Mamas Löffel in den Mund geschoben bekommt.

Die anderen Wartenden kriegen erst etwas zu essen, wenn ihre Nummer aufgerufen wird. Wer eine einstellige Ziffer hat, ist froh, doch es gibt auch 60er, 70er und sogar 90er Nummern. Wer Pech hat, wartet zwei Stunden auf Brot oder Gemüse.

An den zwei Standorten in Monheim und Baumberg besuchen zurzeit rund 140 Menschen regelmäßig die Tafel. Hinter den Einzelpersonen, die sich die gespendeten Lebensmittel jeden Dienstag und Donnerstag abholen, steht in der Regel jedoch eine ganze Familie, statistisch werden pro Tafel-Gänger noch 2,7 Personen mitversorgt.

Rolf Schumacher (Name von der Redaktion geändert) wurde 2003 arbeitslos und besucht seit 2005 die Tafel. Er sagt: "Es wären sicherlich noch viel mehr Leute hier, wenn sie sich trauen würden."

Ein Bekannter habe gesagt: "Da gehe ich nur hin mit einer Papiertüte überm Kopf." Auch Jennifer Dost(27) war vor ihrem ersten Besuch nervös. "Ich kannte überhaupt keinen. Da hatte ich dann Angst vor den anderen - wie gucken die mich an?"

Doch schnell verflogen ihre Sorgen. Heute weiß sie: "Die Leute hier draußen halten zusammen." Sie habe viele Freunde gefunden.

2004 wurde die Tafel vom Sozialdienst katholischer Frauen und Männer (SKFM) gegründet. Federführend war der Vorsitzende Manfred Poduschnik. Als sich die Tür das erste Mal öffnete, standen nur 30 Hungrige davor.

Die Zahlen stiegen permanent. "In der Wirtschaftskrise hatten wir einen Zuwachs von 20 Prozent", schätzt der Vorsitzende. Aktuell steige die Zahl nur leicht.

82 ehrenamtliche Mitarbeiter und eine Reihe von Supermarktketten und Bäckereien machen das Prinzip Tafel möglich. Dank der Spenden müssen die Kunden lediglich zwei Euro für eine Essensration zahlen, gehen aber - je nach Größe der Familie - unter Umständen mit einem Warenwert bis zu 20 Euro nach Hause.

Die Tafel steht im Spannungsverhältnis zwischen Kosten und Einnahmen - auch als ehrenamtliches Projekt. Manfred Poduschnik: "Wir können nicht alle Lebensmittel verwenden. Daher entsteht viel Müll."

Die Entsorgungskosten von 2500 Euro jährlich seien "echt übel", so der Vorsitzende. Er bemängelt: "In anderen Städten der Region, etwa in Hilden, bekommen die Tafeln die Entsorgungsgebühr von der Stadt erlassen."

Auf Nachfrage der WZ teilt Stadtsprecher Michael Hohmeier mit: "Uns ist keine Anfrage in dieser Richtung bekannt." Poduschnik ist davon überrascht und will sich mit der Stadt in Verbindung setzen. Doch eine Garantie auf einen positiven Bescheid, so Hohmeier, gebe es nicht.

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