Langenfeld: Tierschutz - Kaninchen droht der Nässe-Tod

Langenfelds größtes Gehege für Kaninchen ist zugig und feucht. Den Helfern fehlen das Geld zum Heizen und Abnehmer für die oft pflegeintensiven Tiere.

Langenfeld. Der Inhalator brummt, während er feinen weißen Nebel durch den Gummischlauch in den Käfig auf dem Tisch pumpt. Ein weißes Handtuch ist darüber gedeckt, damit auch nichts von dem heilsamen Dunst verloren geht. Im Dunkel unter der Haube sitzt "Blauauge", eine schneeweiße Zwergkaninchendame, und kuriert ihren Husten aus.

"Den Virus haben hier alle 50 Tiere", sagt Martina Bruckert und seufzt. "Doch bei 35 Tieren ist der Kaninchenschnupfen akut ausgebrochen." In dem ausgedienten Gewächshaus an der Ringelshecke betreibt ihr Verein, die Aktionsgemeinschaft für Tiere (AGT), seit einem Jahr eine Auffangstation für Kaninchen. Auf den Pflanztischen haben sie aus Holz und Gitterdraht sieben Großgehege mit je 16 Quadratmetern und vier kleinere eingerichtet. Dort hoppelt es jetzt in allen Farben durcheinander. In Spitzenzeiten pflegte der Verein 258 Kaninchen.

Doch das Gewächshaus ist nur bedingt geeignet für die empfindlichen Tiere. Gegen die Hitze wurden im Sommer Styroporplatten unter das Glasdach geklebt. Doch gegen die kalte Nässe der vergangenen Tage hilft nichts - das Haus ist einfach zu löchrig. Martina Bruckert zeigt auf den Boden, wo sich ein Rinnsal ausbreitet.

Dabei hat der Verein viel in das Projekt gesteckt. "Seit dem Start vor einem Jahr haben wir hier 40.000 Euro ausgegeben, jeden Monat kommen weitere 1200 Euro dazu", sagt Bruckert. Die Rettungsaktion für die bunte Kaninchenherde hat die AGT inzwischen selbst in Not gebracht. "Hätten wir gewusst, welche Ausmaße das annimmt, hätten wir es nicht getan."

Doch die Entscheidung fiel spontan, als vor einem Jahr die Zustände auf dem Gelände einer Kaninchen-Auffangstation in der Schneiderstraße bekannt wurden. Dort hatte ein anderer Verein fleißig Schützlinge gesammelt - und sich dabei maßlos übernommen. Im Garten fanden sich frierende, verfilzte Angora-Kaninchen, Tiere mit vereiterten Augen, metertiefe Tunnel in der Erde und jede Menge schwangerer Weibchen - was auch erklärt, dass aus den etwa 180 geborgenen Kaninchen flugs 250 wurden. Die meisten hatten sich schon mit dem berüchtigten Schnupfen infiziert.

Ein Jahr später waren längst alle beim Tierarzt, viele wurden von anderen Tiervereinen aufgenommen, andere von Privatleuten - doch was niemand so recht bedacht hatte: Jene Kaninchen, bei denen sich der Schnupfen festgesetzt hat, sind kaum zu vermitteln. "Die sind nichts für Anfänger - und zu gesunden Tieren kann man sie auch nicht stecken", erklärt Bruckert.

Aus der spontanen Aktion ist dadurch eine nicht enden wollende Belastungsprobe geworden. Martina Bruckert hat seit einem Jahr kein freies Wochenende mehr. Jeden Samstag und Sonntag verbringt sie viele Stunden damit, die Ställe auszumisten. "70 Säcke fahren wir immer weg", sagt sie und ruft in die Ställe: "Stimmt’s, ihr Schlümpfe?"

Aus einer Ecke ist ein krächzendes Husten zu hören. "Das ist Bambi", sagt sie, ohne dass sie hinschauen muss. Zwölf Tiere leiden gerade besonders stark - und Bruckert leidet mit.

Am liebsten würde sie die Heizung und die Hallengebläse, die sie in dem Gewächshaus eingebaut haben, auf Dauerbetrieb stellen. Doch das Öl ist nicht bezahlbar. Genauso wenig, wie der Strom für die Wärmelampen, die deswegen nur über einem der Gehege hängen.

"Das ist alles wahnsinnig kräftezehrend - doch es hat sich auch gelohnt", sagt Bruckert. Anfangs gaben die Tierärzte der verwahrlosten Horde kaum eine Chance. Doch seitdem mussten nur elf der 250 Tiere eingeschläfert werden. Martina Bruckert hofft täglich, dass es dabei bleibt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort