Langenfeld: Insolvenzantrag - „Hertie muss einfach bleiben“

Drei Jahre nach der Übernahme durch britische Investoren steht das Langenfelder Warenhaus wieder auf der Kippe.

Langenfeld. Bisher wurde nur spekuliert - seit Donnerstag steht die Zukunft des Hertie-Warenhauses in der Fußgängerzone wirklich in Frage. Die Kaufhauskette hat beim Amtsgericht Essen Insolvenz angemeldet.

Die Filiale an der Solinger Straße mit gut 60 Beschäftigten ist eine von bundesweit 73, die Hertie betreibt. Die Pleite des Unternehmens zeichnete sich seit etwa zwei Wochen ab, nachdem bekannt wurde, dass der britische Haupteigentümer Dawney Day selbst finanziell in der Klemme steckt.

Der Langenfelder Geschäftsführer Rainer Schulz will sich nicht zu möglichen Auswirkungen äußern: "Ich freue mich sehr über Ihre Anfrage, das zeigt das Interesse an unserem Warenhaus, aber Antworten gibt auschließlich unsere Zentrale." Doch deren Telefonleitung ist dauerbesetzt.

Auch Ulrich Beul, Leiter der Wirtschaftsförderung der Stadt, hat bisher noch keinen Kontakt herstellen können. "Wir kriegen einfach nichts raus", sagt er. Wenn die Stadt noch etwas tun könne, um das Warenhaus zu stärken, das von 1967 bis 2005 eine Karstadt-Filiale war, sei Langenfeld dazu bereit. "Doch angesichts der internationalen Finanzverflechtungen habe ich da meine Zweifel", gibt Beul zu.

Optimistischer beurteilt Citymanager Jan Christoph Zimmermann die Lage. "Wir hoffen darauf, dass sich im Insolvenzverfahren neue Chancen zur Umstrukturierung bieten", sagt Zimmermann, der zugleich Geschäftsführer des Einzelhandelsverbunds "Kommit" ist. Der Umsatz von Hertie in Langenfeld sei gar nicht so schlecht. "Und mit der Eröffnung des gegenüber entstehenden Marktkarrees im November wird der gute Standort noch einmal gestärkt." Hertie sei für den Branchenmix trotz des neuen Einkaufszentrums ein enorm wichtiger Faktor.

"Ich hoffe, wir haben noch eine Chance", sagt eine Hertie-Mitarbeiterin, "ich sehe nicht alles verloren." Seit Jahren arbeitet die Verkäuferin im Kaufhaus. Wenige Meter entfernt schätzt Kundin Sabine Seifert die Lage nicht so optimistisch ein. "Gerüchte gab es ja. Mir tut es sehr leid für Hertie. Ich habe hier drei- bis viermal pro Woche gestöbert und gekauft. Ich würde Hertie sehr vermissen", sagt die Langenfelderin, die sich Donnerstagnachmittag nach ein paar schicken Tops im Sommerschlussverkauf umschaut. "Ich habe hier immer was Modisches gefunden."

SSV- und neue Herbstware hängen schon nebeneinander, doch wie es bei Hertie weitergehen wird? Von den Angestellten, manche sind fast 40 Jahre dabei, will sich namentlich keiner äußern. Es wird getuschelt, die Gesichter sind ernst. Aber die Kunden werden stets freundlich bedient. Allzu viel ist nicht los an diesem schwülen Tag, das Parkdeck ist kaum zur Hälfte besetzt.

Ursula Klein sitzt im Eiscafe am Markt. "Ich habe bei Hertie gekauft. In der letzten Zeit gab es dort sehr viele Angebote. Zu viele Schnäppchen. Das hat mich stutzig gemacht", sagt die Langenfelderin. Wenn Hertie wirklich schließen muss, auch ihr würde das Kaufhaus fehlen.

"Eine Katastrophe", sagt Innenausstatter Peter Kuckenberg: "Hier wird das Marktkarree noch gebaut, gegenüber droht ein großer Leerstand. Es müsste sich ganz schnell ein Nachfolger finden.", sagt der Einzelhändler. Er hat schon einen Wunsch: "P&C wäre für Langenfeld richtig. Es gibt hier keinen Herrenausstatter." Hertie-Kunden hätten auch in sein Fachgeschäft gefunden.

So sieht es auch Buchhändler Julius von Bukowski. "60 Prozent der Leute, die auf dem Marktplatz parken, gehen zu Hertie. Die sind dann auch zu uns gekommen."

Er erinnert sich an die Anfänge von Karstadt, kennt alle Geschäftsführer, war mit allen per du. "Die Insolvenz kommt für mich nicht überraschend. Wir schauen seit einer Woche ins Internet, ob wir Neues erfahren. Nun ist es raus." Wolfgang und Lea Schapper erfüllt die Nachricht mit Wehmut. "Das Warenhaus ist doch fester Bestandteil der Stadt. Den Leerstand können wir uns nicht erlauben. Hertie muss einfach bleiben."

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