Langenfeld: Der Kotten wird international

Der Film zur Werkstatt erhält Untertitel und es werden Führungen für Blinde angeboten.

Langenfeld. Die Sägespäne liegen noch auf den Werkzeugen. Ein Schemel steht wie gerade abgerückt vor einer Maschine. Alles wirkt, als würde der Wiescheider Wilhelm Jacobs seine Werkstatt weiter nutzen. "Ich bin erstaunt, wie gut das alles gemacht worden ist. Da bekommt man einen Einblick in ein altes Handwerk", sagt Ludger Scholten (73) nach seiner ersten Führung durch den Schalenschneider-Kotten im Volksgarten.

Er ist einer von 1068 Besuchern des Industriedenkmals seit dessen Eröffnung am 12. August 2008. 18 Mal wurde der Kotten als ungewöhnliche Kulisse für Geburtstage, Klassentreffen und Weihnachtsfeiern gebucht.

Diese Zahlen will Anne Graw-Lipfert (58), Leiterin des Kulturellen Forums und des Stadtmuseums, 2010 beträchtlich steigern. "Wir sind gerade dabei, uns neue Zielgruppen zu erschließen", sagt sie. Der Kotten soll einem internationalen Publikum geöffnet werden, und es wird an Führungen für Blinde, Sehbehinderte und Gehörlose gearbeitet.

"Letztere haben einen erschwerten Zugang zu Kunst. Durch unsere Ausstellung zum Leben und Werk der Margarete Steiff habe ich 2008 erstmals Blinde geführt und mitbekommen, wie begeistert die waren, als sie das Elefäntle ertasten konnten", sagt Graw-Lipfert. Der Kotten mit seinen vielen Details könne ein einzigartiges Musuem zum Anfassen und Sehen werden. "Barrierefreies Reisen ist heute ein großes Thema", meint die Museumsleiterin.

Bei einer Tagung der Nationalen Koordinationsstelle "Tourismus für Alle" (Natko) in Düsseldorf konnte sie diesbezüglich Kontakt zu Manfred Meyer, Tourismusbeauftragter des Blinden- und Sehbehindertenverbandes NRW knüpfen. "Wir wollen zusammenarbeiten und werden auf der Natko-Internet-Seite zu finden sein."

Wie bis in die 1920er-Jahre aus Baumstämmen in vielen Einzelschritten Messergriffe gefertigt wurden, das können auch Gehörlöse in der 23-minütigen Dokumentation verfolgen, die 1989 im funktionsfähigen Kotten gedreht wurde. Auf die Erklärungen dazu müssen sie aber bislang ebenso verzichten wie auf das, was Ilselore Schermuly über ihren Vater Wilhelm Jacobs zu sagen hat. "Deshalb lassen wir deutsche Untertiteln einfügen", sagt Katrin Kropp (32).

Die Leiterin der Museumsstelle übernimmt wie Wolfgang Jumpertz (65) vom Förderverein Führungen. Gäste aus der französischen Partnerstadt Senlis gaben im Mai 2008 den Anstoß für weitere fremdsprachliche Untertitel. "Es musste ziemlich mühsam gedolmetscht werden", erinnet sich Graw-Lipfert. Mit den Französisch-Lehrerinnen Martina Gohr und Maren Hermeier vom KAG wurden die Übersetzungen als Schulprojekt der Jahrgangsstufe11 erledigt. Gesamtschullehrerin Andrea Hutchinson realisierte mit ihrem Mann die englische Version. Polnisch ist die Muttersprache der Ehrenamtlerin Claudia Friedrichs. Sie stellte die Untertitel für Besuche der Partner aus Gostynin sicher.

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