Hof mit großer Geschichte

Der Ursprung des Gehöfts an der Hofstraße reicht viele Jahrhunderte zurück. Eugen Herriger weiß viel zu erzählen.

Monheim. Es waren einmal drei Brüder: Fritz, Wilhelm und Aloys Herriger. Sie zogen nach Monheim und übernahmen drei Höfe: den Großen Hof, den Clarenhof und den Fronhof. . .

Was wie der Beginn eines Märchens klingt, ist die Familiengeschichte von Eugen Herriger. Sein Vater Fritz pachtete 1902 den Großen Hof, der heute noch an der Hofstraße steht, aber nicht mehr landwirtschaftlich betrieben wird. 1902 gehörten laut Eugen Herriger noch rund 200 Hektar (ein Hektar entspricht der Fläche eines großen Fußballplatzes) zu dem Hof. Eine riesige Acker- und Weidefläche, die auch den Namen „Großer Hof“ erklärt.

„Das war im Umkreis von Monheim einfach der größte Hof“, sagt Herriger. 70 Milchkühe, 70 Rinder und 50 Schweine gehörten zum Viehbestand der Familie. Dazu kamen 35 Kaltblüter, die als Arbeitstiere eingesetzt wurden. Manchmal setzte sich aber auch der kleine Eugen auf den Rücken der sanften Riesen. Er hat noch ein altes, schon etwas vergilbtes Erinnerungsfoto: seine Beine reichen noch nicht einmal bis zur Hälfte des Pferderumpfs.

Andere Schwarz-Weiß-Bilder in den zwei Alben zeigen den Hof aus unterschiedlichen Perspektiven: „Sommer 1968“ wurde handschriftlich auf einer Seite eingetragen. Das alte Backsteinhaus, das Wohnhaus der Familie, und das angrenzende Arbeiterhaus, in dem die Knechte und der Verwalter lebten, stehen heute immer noch. Nur die Garage mitten auf dem Hof, in der unter anderem der Opel Rekord von Eugen Herrigers Vater stand, gibt es nicht mehr.

Als der Vater starb, übernahm 1963 Eugens Bruder Fritz den Hof. Als dieser seinen Landwirtschaftsmeister mit Fortbildungen machte, schmiss Eugen Herriger zwei Jahre den Laden — mit 16 Jahren. „Das war für mich eigentlich kein Problem. Ich bin damit aufgewachsen.“

Wenn er heute an seine Kindheit denkt, kommt ihm vor allem ein Anblick in den Sinn: „Das Schönste war immer, wenn die Pferdegespanne morgens um 7 Uhr aus dem Tor raus aufs Feld fuhren.“ Gut erinnert er sich auch an die enorme Geräuschkulisse, wenn im Winter im Innenhof die Dreschmaschine aufgebaut wurde. Da konnte es auch mal passieren, dass in der gesamten Straße das Licht ausging. „Dann wussten die Nachbarn: ,Ah, bei Herrigers wird wieder gedroschen’.“

Als 18-Jähriger zog Eugen Herriger vom Hof auf die nahegelegene Bleer Straße und begann erst eine Lehre als Landmaschinenmechaniker, später kam eine Lehre als Kfz-Schlosser dazu. Die Monheimer kennen ihn vor allem aus dem Karneval. Er organisierte 38 Jahre lang den Rosenmontagszug.

Heute ist Rudolf Bonse Eigentümer des Großen Hofes. 1973 kaufte er ihn Elisabeth von Kesseler ab und bewirtschaftete den Hof bis 1980 selbst. „Damals war er ziemlich heruntergekommen. Ich habe viel Herzblut reingesteckt, umgebaut und restauriert“, sagt Bonse. Angrenzend an das alte „Knechthaus“ wurde sogar ein neues Gutshaus errichtet. Bonse zog Anfang der 1980er-Jahre nach Norddeutschland. Die Ländereien, noch 75 Hektar, verkaufte er an die Firma Bayer.

Mittlerweile wohnen fünf Parteien auf seinem Großen Hof. Gerti Scholten lebt seit mehr als 30 Jahren im ehemaligen Knechthaus. Sie liebt das Wohnen in dem historischen Gebäude. „Das Miteinander klappt gut“, sagt sie. Ein Umzug kommt nicht infrage. Aber das sei auch gut so, denn: „Frau Scholten ist die gute Seele des Großen Hofes“, sagt Bonse.

Eugen Herriger besucht ab und zu sein Geburtshaus, mit dem er so viele Kindheitserinnerungen verbindet — das letzte Mal vor einem Jahr beim Tag des Denkmals. „Es ist immer so, als sei ich gerade erst dort gewesen.“

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