Hilden: Naturschutz mit einem PS

Damit die Heidelandschaft mehr Raum zur Entfaltung bekommt, werden Bäume gefällt. Der Abtransport erfolgt mit Pferdekraft.

Hilden. Weiße Atemwolken stieben aus Plautus’ Nüstern. Er steht still da, bereit, anzuziehen. Als Patrick Thomas "Hü-Hott!" ruft, bewegt sich Plautus mit einem Ruck. Kraftvoll zieht das Pferd den Baumstamm vorwärts, es stemmt die Hufe in den Boden, und schon geht es voran.

Seit 9 Uhr ist das Rückepferd in der Hildener Heide im Einsatz, mittlerweile steht die Sonne tief, und noch immer müssen Baumstämme aus dem Wald geschafft werden. "Rund 300 haben wir bestimmt schon rausgezogen", sagt ein Waldarbeiter, der mit seiner Kettensäge die Bäume fällt, ehe Plautus sie wegzieht. Das stämmige Pferd lässt sich weder vom Lärm der Kettensägen noch von den krachenden Baumstämmen erschrecken. Still steht es da und wartet auf seine Befehle.

"Das Rückepferd ist hier zum ersten Mal im Einsatz", sagt Elke Löbke, Leiterin der Biologischen Station Haus Bürgel in Monheim. "Es ist zu eng und der Boden zu weich, um hier mit Maschinen reinzugehen", erklärt sie. Ehrenamtliche Helfer und eine schwere Seilwinde wurden bislang benutzt, um die gefällten Bäume wegzuschaffen.

Die Fällung der Bäume ist notwendig, um der Heidelandschaft an der Ortsgrenze zu Haan mehr Raum zur Entfaltung zu geben. "Man kann natürlich fragen, was wichtiger ist und wie viel Wald man für die Heide opfern darf", so Revierförster Friedhelm Schüller. Aber das Heidegebiet sei schließlich nicht nur Kulturlandschaft, sondern auch Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten. Je mehr der nahe Wald ausgedünnt werde, desto mehr Licht gelange auf den Heideboden. "Der Samen von Heidekraut ist extrem langlebig", sagt Johanna Dahlmann, Projektleiterin Bergische Heideterrasse. "Heidekraut ist ein Lichtkeimer. Manche Samen liegen seit 80 Jahren im Boden und können noch keimen, sobald sie genug Licht bekommen." Damit das geschieht, muss der sich ausbreitende Wald aufgehalten werden. Und zu diesem Zweck ist Plautus im Einsatz.

Forstunternehmer Frank Lürken hatte den Kontakt zwischen Thomas und seinem Rückepferd und dem Landschaftsverband-Rheinland sowie den Biologischen Stationen Mittlere Wupper und Haus Bürgel hergestellt.

Eine Konkurrenz für die Maschinen ist das Pferd nicht - es kommt dort zum Einsatz, wo die Maschinen nicht hinkommen und zieht die Stämme so weit an befahrbare Gassen, dass sie dann abtransportiert werden können.

Stämme mit einem Gewicht von bis zu einer Tonne kann der Rheinisch-Deutsche Kaltblüter bewegen, "aber im Durchschnitt zieht er etwa 300 Kilo", erklärt Thomas und fügt hinzu, dass ein Rückepferd 25 bis 30 Prozent des eigenen Gewichts ziehen könne.

Zwei Wochen hat Plautus’ Ausbildung gedauert. Er beherrscht Kommandos für "Vor" und "Zurück", "Rechts" und "Links" sowie "Stopp". "Es ist wichtig, dass er auf meine Stimme reagiert", sagt Patrick Thomas. "Mit den Zügeln arbeite ich nur wenig." Während er spricht, lauscht Plautus mit gespitzten Ohren. "Das ist auch für ihn schwere Arbeit. Heute werden wir wohl nicht mehr fertig", meint Thomas mit Blick auf die umliegenden Baumstämme.

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