Hilden: Gratis-Obst vom Wegesrand

Eine Internetseite ruft dazu auf, wieder mehr wildes Obst zu pflücken. Der BUND ist skeptisch. In Hilden gibt es mehrere Obstwiesen, an denen sich jeder bedienen darf.

Hilden. Es gab Zeiten, da sind die Leute für frisches Obst nicht in den Supermarkt gefahren, sondern hinters Haus gegangen. Da kamen Äpfel nicht aus Übersee, sondern vom Baum. Auch heute noch wächst Essbares am Wegesrand, doch jahrelang galt das Pflücken von sogenanntem wilden Obst als Hobby der älteren Generation.

Jetzt aber sorgt eine Internetseite für bundesweites Interesse. Unter mundraub.org rufen Berliner Studenten junge Leute dazu auf, wildes Obst zu pflücken und Fundorte von Gratis-Früchten auf einer interaktiven Deutschland-Karte einzutragen. Eine tolle Idee, die ökologisch und praktisch zugleich ist?

Nicht ganz, findet Claudia Roth, Vorstandsmitglied der Hildener Gruppe des Bundes für Umwelt und Naturschutz: "Das Argument der Studenten, man solle das Obst nicht am Baum verrotten lassen, gilt nicht. Denn wenn es nicht gepflückt wird, fällt es zu Boden, wird von Tieren gefressen, die wiederum die Samenkörner verbreiten. Ein ganz natürlicher Kreislauf." Sie fürchtet, dass durch die Internetseite plötzlich organisierte Gruppen durch Städte ziehen und Bäume plündern.

Ganz anders sieht es Werner Siggelkow. "Mir blutet das Herz, wenn ich einen Baum voller Äpfel sehe", sagt der Vorsitzende des Stadtverbands der Hildener Gartenfreunde und rät: "Ein Apfel vom Baum schmeckt völlig anders als ein um die Welt gereistes Exemplar, das für lange Lagerzeiten präpariert wurde." Er kennt viele Stellen in der Stadt, entlang von Gleisen oder aufgegebene Gärten, in denen Brombeeren, Wacholder oder Marillen zu finden sind.

Genau hier aber mahnt Claudia Roth vom BUND zur Vorsicht: "Ob Obst wirklich herrenlos ist, kann man nie mit Sicherheit sagen. Obstbäume werden alle fünf bis zehn Jahre beschnitten. Da kann man nicht immer sofort erkennen, ob ein Baum gepflegt wird oder nicht."

Wer selber pflücken und vielleicht sogar alte Obstsorten erhalten möchte, dem rät sie, mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen und sich umzuhören. "Es gibt oft ältere Menschen, die sich freuen, wenn sich jemand um ihren Bestand an alten Obstbäumen kümmert."

Daneben gibt es in Hilden bereits mehrere Obstwiesen, auf denen Pflücken ausdrücklich erlaubt ist. In mindestens drei Kleingartenanlagen in der Stadt gibt es nicht eingezäunte Wiesen mit Apfel-, Birnen- und Pflaumenbäumen. "Daran darf sich jeder bedienen, es wissen nur die wenigsten", sagt Werner Siggelkow. Erst vor einem Jahr wurde an der Reisholzstraße eine solche Wiese angelegt. Vor allem für Kinder sei das Obstpflücken ein großer Spaß.

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