Hilden: Dachdecker mit Leib und Seele

Goldener Meisterbrief: Vor 50 Jahren hat Ulrich Bajorat seine Meisterprüfung bestanden.

Hilden. Kurze, kräftige Finger, ein fester Händedruck. Schon der verrät, dass Ulrich Bajorat ein Handwerker sein muss. Sein blau gemustertes Hemd, die sonnengebräunte Haut und die goldene Uhr am Handgelenk täuschen. Bajorat ist einer, der zupackt, einer, der sich vor schwerer Arbeit nie drückte.

"Ich war mit Leib und Seele Dachdecker”, sagt der 78-Jährige, "in einem anderen Beruf hätte ich nicht glücklicher werden können.” Gestern überreichte ihm Thomas Willmes, Obermeister der Dachdeckerinnung des Kreises, den Goldenen Meisterbrief. Vor 50 Jahren legte Bajorat seine Meisterprüfung ab. Dass das Dachdeckerhandwerk zu seiner Berufung werden würde, hatte er damals nicht geglaubt.

Nach dem Krieg arbeitete er bei einem Landwirt, wollte Koch werden und zur See fahren. Als das nicht klappte, bewarb er sich bei der Polizei. Es war ein Zufall, dass nichts daraus wurde. Bajorat war einfach nur drei Monate zu jung. Fast zum Zeitvertreib half er einem Bekannten im Dachdeckerbetrieb. "Ich dachte damals: Wenn du was Besseres findest, hörste sofort auf.”

Bajorat schmunzelt bei diesen Worten, doch seine Stimme verrät, wie bewegt er ist. Er schluckt, kneift die Augen zusammen und erzählt weiter. Zwei Jahre blieb er bei dem Meister in Niedersachsen, wurde vom Hilfsarbeiter zum Lehrling und ging 1951 nach Düsseldorf. "Ich wusste nicht mal genau, wo das war, ich hatte nichts." Keinen Anzug, keine Zahnbürste, nur sein Portemonnaie mit 100 Mark und die Adresse eines ehemaligen Kameraden aus Hilden. Er fand bald verschiedene Anstellungen, heiratete und ging zur Meisterschule.

Mit dem Meisterbrief in der Tasche stellt er fest, dass er nur 20 Pfennig mehr pro Stunde verdienen würde als ein Geselle: Ein Schild am Haus der Hauswirtin und eine kleine Ecke auf dem Hof waren der Anfang von Bajorats Selbstständigkeit. "Oft habe ich morgens um sechs angefangen und abends um zehn aufgehört.”

Es war eine harte Zeit. Über die Jahre hinweg stieg die Zahl seiner Aufträge und Mitarbeiter. Ein wichtiger Baustein für seinen Erfolg war die lange Zusammenarbeit mit dem Bauunternehmer Bast. "Weil ich stur war und auch große Aufträge abgelehnt habe, wenn der Preis nicht stimmte, habe ich denen imponiert", glaubt Bajorat.

Als Spezialist vor allem für Flachdächer machte er sich einen Namen. 1996 gab er sein Unternehmen in die Hände seines Sohnes. Sorge, dass sein Betrieb nicht in Familienhand bleiben würde, musste sich der 78-jährige nie machen. Neben Sohn Uwe hat auch seine Tochter Ulrike die Meisterprüfung zur Dachdeckerin absolviert. "Und wenn mein Vater zehn Kinder gehabt hätte, wären sicher alle zehn auch Dachdecker geworden", lacht sie.

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