Baumberg: Rasante Begegnungen im Taxi

Michael Kessler, vor allem als Comedian bekannt, hat im Bürgerhaus Geschichten erzählt, die er als Taxifahrer erlebt hat.

Baumberg. Berlin bei Nacht. Ein von innen auffällig stark beleuchtetes Taxi fährt durch die Straßen der Hauptstadt. Bei genauerem Hinsehen fallen neben der Beleuchtung auch etliche Meter Kabel und kleine Kameras auf, die durch die Fenster erkennbar sind. Wer am Straßenrand steht und das Taxi heranwinkt, bekommt seine Fahrt umsonst. Vorausgesetzt, er unterhält sich mit dem Taxifahrer.

Gratisfahrten gegen spannende Geschichten lautet das Konzept der Sendung "Berliner Nacht-Taxe", in der Michael Kessler chauffiert. Berliner oder Touristen erzählen genauso von ihrem Leben, wie Transvestiten oder Musiker.

Die interessantesten Geschichten und Erlebnisse hat er nun in seinem Buch "Berliner Nacht-Taxe" veröffentlicht, aus dem er am Freitagabend vor knapp 100 Leuten im Baumberger Bürgerhaus vorlas.

Doch obwohl Kessler relativ häufig auch privat Taxi fährt und die Gespräche inzwischen eher jenen gleichen, die man unter Kollegen führt, kam er am Freitag als sein eigener Taxifahrer daher. Der gebürtige Wiesbadener wohnt in Köln und hat das eigene Auto genommen.

"Ich muss gestehen, dass ich das erste Mal heute nach Monheim gefahren bin. Aber als ich herkam, ging die Sonne gerade unter und das tauchte die Stadt in ein sehr romantisches Licht", erzählt er. Kaum ist er auf der Bühne, ist schnell vergessen, dass es sich bei dieser Veranstaltung um eine Lesung handelt.

Denn im Unterschied zu vielen Autorenkollegen, ist Kessler gelernter Schauspieler, der seine Charaktere im Buch nicht nur vorliest, sondern vorspielt. Verblüffend frei gibt er die meisten Texte wieder, gestikuliert wie wild, verändert Mimik, Stimme, Dialekt. So kommt auch in vorgetragenen Gesprächen von bis zu vier Personen keine Verwirrung auf.

In den Geschichten trifft er auf die verschiedensten Leute: Auf einen überschwänglichen Transvestiten, einen äußerst schlagfertigen aber oberflächlichen Hannoveraner, spanische Musiker, eine Oma, die die gesamte Fahrt über glaubt im Quiztaxi zu sitzen, sowie einen extrem wortkargen Mann und viele weitere ungewöhnlich gewöhnliche Menschen.

Kaum hat die Lesung begonnen, ist sie auch schon wieder vorbei. Denn die eigentlichen 75Minuten vergingen wie gefühlte 20 - dank Kesslers Begabung, die Zuhörer sofort in sein imaginäres Berliner Taxi zu entführen.

Glücklicherweise lädt der Autor und Schauspieler im Anschluss dazu ein, ihm Fragen zu stellen. Und das Angebot wird gern angenommen. "Waren sie schon mal komplett sprachlos?", fragt eine Frau im Publikum. "Einmal weigerte sich eine Person tatsächlich von vornherein zu reden, wollte aber von mir gefahren werden. Da schaltete ich das Autoradio ein und wir schwiegen die gesamten acht Minuten der Fahrt."

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