Vier Drehtage für 15 Minuten

Die WZ schaute der Mettmanner Filmemacherin Anna Lekies über die Schulter.

Mettmann/Heiligenhaus. Akribisch wird der Baum drapiert. „Kann man das mehr eindrehen? „Bitte weiter nach links, ich möchte nur den Ast sehen“, fordert mit leiser, aber nachdrücklicher Stimme Anna Lekies (24). Für noch so kleine Details hat die Nachwuchsregisseurin ein Auge und kein Fusselchen entkommt ihrem Röntgenblick. Ehe die Kamera läuft, möchte sie alles perfekt vorbereiten. Und schließlich ist „Die Feder“ auch nicht irgendein Film, sondern ihr Abschlussfilm an der Ruhrakademie.

Vier Tage lang verwandelte sich dafür die Tackenbergsche Werkshalle in Heiligenhaus in ein Aufnahmestudio. „Es war irre viel Vorbereitung, und kurz vor Drehbeginn stand plötzlich die Location auf der Kippe“, erinnert sich Anna Lekies. „Es sah so aus, als müssten wir uns einen neuen Drehort suchen.“

Dank der tatkräftigen Unterstützung aller Beteiligten lief dann doch alles wie am Schnürchen. Wobei „am Schnürchen“ einen falschen Eindruck von dem vermittelt, was an einem Set — ob nun in den Babelsberger Filmstudios oder einer improvisierten Filmhalle — geschieht. Damit die Illusion perfekt ist, wird ein Großteil der Zeit bei den Dreharbeiten mit dem Einrichten einzelner Szenen, unermüdlichem Ausleuchten, Ausbügeln unsichtbarer Fältchen, Drapieren von Frisuren und anderen scheinbaren Kleinigkeiten verbracht.

„Man muss schon viel Geduld haben“, sagt Vater Detlef Schulz-Lekies, der genauso wie Annas Mutter Ellen und der Großpapa Herbert bei den Dreharbeiten dabei ist. Allerdings „nur als Zuschauer“ — doch Mutter Ellen wurde für den Film entdeckt, sie spielt eine Krankenschwester.

Eigentlich, erzählt Anna Lekies, verantwortlich für Drehbuch und Regie, hätte sie bereits im vergangenen Jahr drehen wollen. „Aber dann fehlte das Geld.“ Also mussten Sponsoren gefunden und ein geeigneter Raum aufgetrieben werden, in dem aus dem Nichts ein Krankenhauszimmer entstehen konnte. Die frisch verheiratete Cousine Franziska vermittelte — ihr Schwiegervater ist Inhaber der Firma in Heiligenhaus.

Im engen Gewusel aus Kabelstrippen, Licht und Richtmikrophon hat Jonas Baeck als „Bruno“ den besten Platz erwischt. Er liegt, kalkweiß geschminkt und mit Kanüle im Arm, im Bett. Während sich Regie und Ton absprechen, unterhält er sich mit seinem Schauspielerkollegen Thomas Ulrich, der in der „Feder“ einen mysteriösen Fremden spielt.

Dann ertönt ein lautes „Ruhe bitte!“ Jonas Baeck verwandelt sich in den schwerkranken Patienten Bruno, der auf der Intensivstation liegt, und dort eine Begegnung mit dem Tod hat. „Danke!“, tönt es. Aber winzige Details stimmen nicht, die Szene wird noch mal gedreht. „Manchmal wünschte ich, Anna wäre weniger genau“, lacht Vater Detlef.

Vier Tage präziser Arbeit ergeben nach der Zeit im Schneideraum am Ende einen 15-Minüter, der bis Oktober fertig sein soll. Was die Absolventin dann macht? Parallel zum Filmstudium strebt sie an der Fachhochschule Gelsenkirchen einen Bachelorabschluss in den Fächern Journalismus und Public Relations an. Anders als beim von ihr vorbereiteten Film, bei dem nichts dem Zufall überlassen wird, sind also viele Varianten einer späteren Laufbahn denkbar.

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