Sie machen pflegende Angehörige fit

„Familiare Pflege“ heißt ein kostenloses Projekt am Evangelischen Krankenhaus. Es soll vor allem praktische Unterstützung bei der Betreuung zu Hause bieten.

Mettmann. Immer häufiger gibt es Angehörige, die aufgrund von Krankheit oder dementieller Veränderung zu Hause betreut werden. Je nach Pflegestufe springen hier Profis von der häuslichen Pflege ein, die allerdings nicht zu jeder Minute des Tages verfügbar sind. Was für den Profi ein routinierter Handgriff ist, beispielsweise beim Umbetten zu helfen, ist für den Laien kompliziert. Damit diese Tätigkeiten leichter gehen und souverän vollbracht werden, vermitteln zwei Trainer des Evangelischen Krankenhauses (EVK) das kleine Pflege-Einmaleins der häuslichen Betreuung für pflegende Angehörige. Das Angebot ist kostenfrei.

Zusammen bilden Kristina Waimer, Gesundheits- und Krankenpflegerin und seit fünf Jahren im EVK, mit Bernd Krenz, Leiter der Intensivstation und seit 1991 im Haus, das Team der sogenannten Familiaren Pflege (Infobox). Das ist ein von der AOK Rheinland/Hamburg mit der AOK NordWest finanziertes Modellprojekt, das die Universität Bielefeld wissenschaftlich begleitet und an dem das EVK seit 2012 teilnimmt. „Die ersten Kontakte gab es bereits 2010“, erinnert sich Pflegedirektorin Dorothea Sandhäger. „Aber wir hatten damals nicht die passenden Mitarbeiter für das Projekt.“

Die wurden vor zwei Jahren gefunden und in wissenschaftlichen Weiterbildungen — eines der Module war explizit dem Umgang mit dementiell Veränderten vorbehalten — als kompetente Trainer ausgebildet. „Unser Ziel ist es, pflegerische Versorgung vor Ort sicherzustellen, wenn ein ambulanter Pflegedienst mal nicht da ist“, sagt Bernd Krenz.

Noch im Krankenhaus findet die Erstberatung statt, um zu schauen, welche Sorgen und welcher Bedarf vorhanden sind. „Das ist immer individuell und lässt sich nie pauschalisieren“, beantwortet Krenz die Frage nach Trainingsmethoden und -dauer. Objektiv wird die Pflegesituation eingeschätzt, prinzipiell geht es um Fragen grundsätzlicher Art: Wie nimmt man einen Wäschewechsel vor, was ist bei der Hautpflege zu beachten, wie bettet man den Patienten richtig, ohne dass es zu Wundlagerung oder Gelenkversteifung kommt oder wie wird er vom Angehörigen aus dem Bett in den Rollstuhl gehoben — ohne dass einer der Beteiligten Schaden nimmt.

Spätestens sechs Wochen nach Entlassung des Patienten aus dem EVK kommt auf Wunsch einer der beiden Trainer nach Hause. „In dieser ruhigen Atmosphäre können weitere Fragen beantwortet werden“, oft tauchen Fragestellungen erst durchs Tun auf, so ist die Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme ein wichtiger Punkt. Aber auch der Umgang mit Hilfsmitteln wird erklärt, „wer kennt sich schon mit allen Hebeln eines Rollstuhls oder Rollators aus, ehe er ihn praktisch erprobt hat?“

Und natürlich geht es um Stressbewältigung und emotionale Stütze. Ziel ist es, weitere Netzwerke zu Austausch und Selbsthilfe aufzubauen. Im Anschluss an die Pflegekurse können pflegende Angehörige Gesprächskreise zur Reflexion der neuen Situation — mangelnde Anerkennung, Überlastung, Isolation durch die Beanspruchung — besuchen und sich mit anderen Betroffenen austauschen.

Und auch die Trainer befinden sich in einem fortfährenden Fortbildungsprozess. Alle Trainer der am Projekt teilnehmenden Kliniken treffen sich alle drei Monate, um sich auf den neusten Stand der Dinge zu bringen.

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