Ratingen: Günter Lamprecht ganz nah

Der bekannte Schauspieler las aus seiner Biografie und stand den Besuchern Rede und Antwort.

Ratingen. "Der ist ja so sympathisch!", schwärmte eine ältere Dame, "und so umgänglich - überhaupt keine Allüren", ergänzte ihre Nachbarin im Ferdinand-Trimborn-Saal. Die beiden hatten am Donnerstagabend zusammen mit knapp 200 Besuchern den großen Mimen Günter Lamprecht live erlebt.

Für gewöhnlich sind die Veranstaltungen der Reihe "Ratinger Tragödchen" im Buchcafé Peter und Paula eine eher beschauliche Angelegenheit.

"Heute ist alles anders!", begrüßte Tragödchen-Chef Bernd Schultz die Gäste im Trimborn-Saal der städtischen Musikschule. Das Gastspiel des Film- und Theaterschauspielers hätte das Fassungsvermögen des Buchlädchens glatt gesprengt.

Der markante Charakterdarsteller mit familiären Bindungen an Ratingen, hat schon mit Rainer Werner Fassbinder gearbeitet und wurde vor allem als "Tatort"-Kommissar Markowitz bekannt. Seinen nahenden 80.Geburtstag sah man ihm nicht an, die Schicksalsschläge scheinen sein Äußeres nicht beeinflusst zu haben, denn leicht hatte dieser Mann es nicht.

In ärmlichen Verhältnissen 1930 geboren, der Vater ein brutaler Trinker und bald begeisterter Anhänger Hitlers. In seiner Autobiografie "Und wehmütig bin ich immer noch" lässt er diese Welt aus dunklen Hinterhöfen, ständiger Angst und aufkeimendem nationalen Unheil mit starken Worten und Bildern lebendig werden.

Mit fester Stimme las er konzentriert und nur scheinbar ungerührt. Denn je weiter er in die schrecklichen Erinnerungen eintauchte, desto deutlicher wurde die persönliche Betroffenheit, die sich mal in schwarzhumorigen Kommentaren, mal in beinahe entschuldigender Mimik ausdrückte.

Spätestens im Bombenhagel der Luftangriffe waren die Prügelorgien von Vater oder Lehrern die reinste Butterfahrt, die Erlebnisse als Sanitätshelfer im Lazarett eine Erfahrung, die sein Leben verändern sollte.

Wie aus dem Berliner Jungen schließlich ein Schauspieler wurde, musste in Kurzform geklärt werden: Nach dem Krieg lernte er in einer Jazzkneipe den Schauspieler Gerd-Günther Hoffmann kennen. "Der sagte zu mir: ‚Günter, du musst Schauspieler werden!’ Na, das hatte ich ja auch immer gedacht, wenn ich aus dem Kino gekommen bin."

Wie es mit Lamprecht weiter ging, kann man vermutlich im Januar erfahren - dann will er nämlich den zweiten Teil seiner Biografie "Ein höllisches Ding, das Leben" in Ratingen vorstellen.

Die Ratinger hatten mit dem Promi keinerlei Berührungsängste, stellten viele Fragen ("Wo haben Sie in Berlin gewohnt?") und reihten sich geduldig in die Schlange ein, um ihre Bücher signieren zu lassen

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