Mettmann: Gleichstellungsbeauftragte Anette Machts - Integration durch Aufklärung und Bildung voranbringen

WZ-Interview: Annett Machts, die Gleichstellungsbeauftragte Mettmanns, und Klaus Lefringhausen, ehemaliger Integrationsbeauftragter des Landes NRW, sprechen über Integration.

Mettmann. Knapp 3000 ausländische Mitbürger leben in Mettmann. Der Türkisch-Islamische Verein möchte eine Moschee für rund 750 Gläubige bauen. Unlängst feierte das vielgelobte Migrations-Theaterstück "Zu Gast in Mettmann" von Dorothea Schroeder Premiere. Im Mittelpunkt des Stückes standen der Integrationsgedanke und die Frage danach, wie Integration besser gelingen kann. Doch einige Szenen im Gebetsraum des Türkisch-Islamischen Vereins an der Koenneckestraße sorgten bei einigen Zuschauern für Unmut. Die WZ hat mit Annett Machts, der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt, und Klaus Lefringhausen, dem ehemaligen Integrationsbeauftragten der Landesregierung, über das Stück und Integration gesprochen. In dem Theaterstück wurde die Sehnsucht der jungen islamischen Frau nach dem Kopftuch thematisiert. Wie stehen Sie als Gleichstellungsbeauftragte zu dieser Aussage?Machts: Für mich stellt sich die Frage, woher diese Sehnsucht nach dem Kopftuch kommt. Ich sehe es als Ausdruck für die Unterdrückung von Frauen und die Reduzierung auf ihr Geschlecht. Und damit wird das Kopftuch letztlich genutzt, um eine politische Aussage zur Gleichstellung von Männern und Frauen zu treffen. Ich hätte mir in dem Theaterstück eine kritischere Sichtweise gewünscht. Lefringhausen: Wenn wir das Kopftuch politisieren, wird es mehr und mehr zum Symbol einer Trotzidentität. In der Defensive hat niemand die Gelassenheit, ruhig zu reagieren. Die muslimischen Frauen haben das Gefühl, nicht angstfrei anders sein zu können. Machts: Da gebe ich Ihnen Recht. Mit Druck erreicht man überhaupt nichts. Das Kopftuch hat auch eine Schutzfunktion und viele muslimische Frauen würden in Opposition zu ihren Familien geraten, wenn sie es nicht tragen. Aber sollten wir die Frauen nicht stärker in ihrer Emanzipation unterstützen? Lefringhausen: Emanzipation gelingt nicht unter der Bedingung des Kulturwechsels. Und schon gar nicht unter Druck, denn, so die Afrikaner: das Gras wächst nicht schneller, wenn man dran zieht. Frau Machts, kann Integration aus Ihrem Rollenverständnis als Gleichstellungsbeauftragte heraus überhaupt funktionieren?Machts: Es ist natürlich schwierig für mich, die symbolische Bedeutung des Kopftuches mit meiner Vorstellung von weiblicher Selbstbestimmung zu vereinbaren. Mir ist es wichtig, dass wir diese Debatte vor dem Hintergrund unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung kritisch führen und diese Diskussion nicht dem rechten Rand überlassen. Wichtig ist dabei, die Integration durch Aufklärung und vor allem Bildung zu betreiben. Lefringhausen: Für mich ist es auch schwer, den Gedanken, dass wir eine andere Gesellschaft geworden sind, wirklich zu leben. Integration darf aber keine Einbahnstraße sein. Wir müssen das Anderssein aushalten können und dürfen uns nicht mehr daran stören, ob jemand ein Kopftuch trägt oder eine Moschee baut. Wenn sich der Kopf unter dem Kopftuch ändert, entsteht mehr, als wenn das Kopftuch verschwindet und sich im Kopf nichts ändert. Herr Lefringhausen, wie können wir Ihrer Ansicht nach in einer Stadt wie Mettmann dazu beitragen, das die Integration der Kulturen besser gelingt?Lefringhausen: Wir sollten die Frage stellen, wie wir die Zukunftsverantwortung mit den Zugewanderten teilen können. Sie müssen vom Rand der Gesellschaft in die Mitte geholt werden und zu einem Teil der Zukunft dieser Stadt werden. Auf jeden Fall dürfen wir die Muslime in Mettmann nicht für alles verantwortlich machen, was in der islamischen Welt geschieht. Machts: Herr Dr. Lefringhausen, jeder Einzelne ist doch für das verantwortlich, wofür er steht und was er vertritt. Und aus dieser Verantwortung heraus tun der Integration selbstkritische Betrachtungen gut.

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