Mettmann: Abschied von den Schätzchen

Rathaus: Stadtarchivarin Gudrun Wolfertz geht zum 31. Mai in den Ruhestand.

Mettmann. "Ich lasse das Ganze erst mal auf mich zukommen. Fest steht, dass ich mehr Zeit für meinen Garten habe", sagt Gudrun Wolfertz. In Kürze feiert die Stadtarchivarin ihren 60. Geburtstag, und pünktlich zum Wiegenfest verabschiedet sie sich zum 31. Mai in den Ruhestand. "Ich habe jetzt 40 Jahre lang gearbeitet. Nun ist auch mal gut.

Wenn sie ehrlich ist, geht Gudrun Wolfertz aber keinesfalls nur mit zwei lachenden Augen. Denn wie sie verrät, waren die vergangenen zehn Jahre als Archivarin "die schönsten in meinem Berufsleben". Vor allem das freie Arbeiten und die Selbstständigkeit habe sie stets genossen und zu schätzen gewusst. Und natürlich das Stöbern in den Urkunden, Fotografien und Unterlagen von anno dazumal.

"Die Beschäftigung mit diesen alten Schätzchen war zwar nicht meine Haupttätigkeit, hat aber immer einen Riesenspaß gemacht", sagt die Mutter eines erwachsenen Sohnes und zieht wie zum Beweis Mettmanns älteste Urkunde hervor. Das Schriftstück aus Schweinsleder steckt unter einer speziellen Klarsichtfolie und beschäftigt sich mit dem Wege- und Wassernetz zwischen dem Gut Hugenhaus und dem Gut Goldberg - und stammt aus dem Jahr 1461. "Das ist natürlich in erster Linie was für Historiker oder Nostalgiker."

Gudrun Wolfertz’ wahrer Job findet direkt nebenan statt. In unzähligen Kartons und Ordnern lagert zentnerweise das begehbare Verwaltungsarchiv. Von den Unterlagen zur kommunalen Neuordnung 1975 bis hin zu allen erdenklichen Bau-, Adoptions- und Personalakten ist dort alles zu finden, was auch nur annähernd von Belang sein könnte. "Und die Papiere werden tatsächlich gebraucht. Bebauungspläne, Sanierungsmaßnahmen - es gibt nichts, was nicht noch mal nachgeschaut werden müsste. Zum Beispiel, als es darum ging, mit welchen Altlasten auf dem Seibel-Gelände zu rechnen ist." Dass das Ganze stets auf dem Laufenden ist, "dafür bin ich dann zuständig".

1999 trat Gudrun Wolfertz in die Fußstapfen von Bernd Gansauer. Sein System setzte die gelernte Bibliothekarin im Laufe der Jahre fort und perfektionierte es. Mit einem Handgriff zaubert die Fast-Ruheständlerin das "Amtsblatt der königlichen Regierung zu Düsseldorf" von anno 1816 genauso hervor wie den Pressespiegel von 1947 oder die aktuellsten Bundesgesetzblätter.

In den nächsten Tagen bekommt Gudrun Wolfertz Besuch von Angelika Klug, ihrer Nachfolgerin. "Ob sie in zehn Jahren noch genauso arbeitet wie ich, ist aber zweifelhaft", mutmaßt die 59-Jährige. Denn das digitale Langzeitarchiv steht in Mettmann unmittelbar vor der Einführung. "Von daher ist es gar nicht mal schlecht, sich jetzt zu verabschieden", glaubt Gudrun Wolfertz. Denn wenn alles erst mal digital auf irgendwelchen CD-Roms gespeichert ist und das Blättern in den alten Schätzchen wegfällt, "dann macht der Job sicher auch nicht mehr ganz so viel Spaß".

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