Juristisches Tauziehen um Pipeline geht weiter

Covestro hält an der Kohlenmonoxid-Leitung fest. Bürgerinitiativen wollen kämpfen.

Juristisches Tauziehen um Pipeline geht weiter
Foto: Matzerath

Kreis Mettmann. 2006 verabschiedete der Landtag in Düsseldorf das sogenannte Rohrleitungsgesetz. Es machte den Weg frei für den Bau einer Kohlenmonoxid-Leitung der Firma Covestro (früher Bayer). Sie verbindet die Werke Dormagen und Krefeld-Uerdingen und verläuft 67 Kilometern überwiegend rechtsrheinisch, unter anderem durch Monheim, Langenfeld, Hilden, Erkrath und Ratingen. Die Giftgas-Leitung ist längst fertig, durfte aber bis heute nicht in Betrieb gehen. Weil nicht nur mehr als 100 000 Anwohner, sondern auch die betroffenen Städte das zu verhindern suchen.

Covestro hält an der Pipeline nach wie vor fest. „Wir haben keinen Anlass, aus dem Projekt rauszugehen. Wir brauchen die Pipeline für den Transport von Kohlenmonoxid, sonst entsteht uns ein Wettbewerbsnachteil“, sagt Covestros NRW-Standortleiter Daniel Koch. Das Oberverwaltungsgericht in Münster habe laut einem Covestro-Sprecher bereits das Sicherheitskonzept der Pipeline und deren Verlauf bestätigt.

Offen ist die Frage nach dem Allgemeinnutzen der Rohrleitung. Das Gericht in Münster hatte das Thema ans Bundesverfassungsgericht verwiesen, das Anfang 2017 entscheiden sollte. Die Karlsruher Richter aber ordneten die Zuständigkeit wieder dem Gericht in Münster zu und verwiesen die Angelegenheit dorthin zurück.

Der Senat habe bereits mitgeteilt, berichtet Kreis-Umweltdezernent Nils Hanheide, dass das Oberverwaltungsgericht Münster das Verfahren jedoch erst wieder aufnehme, wenn der Planänderungsbescheid der Bezirksregierung Düsseldorf erlassen sei. Das wolle die Bezirksregierung nach eigenen Angaben im dritten Quartal dieses Jahres tun. Da anschließend mit weiteren Schriftsatzrunden zu rechnen sei, hält es der Kreis-Umweltdezernent für „unwahrscheinlich“, dass es in diesem Jahr noch zu einer Entscheidung im Klageleitverfahren kommen wird.

Markus Ogorek, Rechtswissenschaftler

Die „Stopp Bayer-CO-Pipeline“-Initiativen wollen auf jeden Fall weiter kämpfen — „notfalls auch weitere zehn Jahre“, kündigt Pressekoordinator Dieter Donner an. In dem juristischen Streit sei bisher weder die technische Konzeption und schon gar nicht „die in Teilen rechtswidrige, schrottreife Bauausführung gerichtlich beurteilt“ worden.

Und auch zu den Enteignungen sei noch nicht das letzte Wort gesprochen, meint Donner. Zwar hätten die drei Kammerrichter des Bundesverfassungsgerichts die Richtervorlage des Oberverwaltungsgerichts NRW als „unzulässig“ zurückgewiesen.

Diese Entscheidung werde aber in der Rechtswissenschaft diskutiert und hinterfragt. Drei namhafte Rechtswissenschaftler (Ogorek, Hoops, Höfling/Stöckle) stellten klar, dass der von der Kammer des Bundesverfassungsgerichts gemachte Vorwurf, die Richter des Oberverwaltungsgerichts hätten sich nicht an Grundsatzentscheidungen des höchsten Gerichts orientiert, auf die Richter des Bundesverfassungsgerichts selbst zurückfalle.

Die Gelehrten sagen: Es seien die Kammerrichter des Bundesverfassungsgerichts gewesen, die von Senatsentscheidungen abgewichen seien — nicht das Oberverwaltungsgericht NRW. Ogorek: „Der Beschluss der zweiten Kammer des Ersten Senats zur Kohlenmonoxid-Pipeline ist schlechthin unhaltbar.“ Das bedeutet wohl: Ein Ende des juristischen Tauziehens ist noch lange nicht in Sicht. Die Pipeline-Gegner werden unter anderem vom Kreis Mettmann unterstützt. Privatleute klagten gegen das Vorhaben, weil sie ihre Grundstücke abgeben sollen.

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