Hochdahl: Leibesübungen statt Heizung

Die Schüler des ersten Abi-Jahrgangs trafen sich 30 Jahre später wieder.

Hochdahl. Sie waren die Ersten. Und immer die Ältesten. Es gab keinen, der ihnen auf dem Schulhof einfach den Fußball weggetreten hat. Niemand hat mit dem Finger auf sie gezeigt und gesagt: Schau mal, da kommen die Kleinen. "Wir waren immer der goldene Jahrgang" erinnert sich Christiane von Leesen (48).

Nun trafen sie sich wieder, die ersten Abiturienten am Hochdahler Gymnasium - im Restaurant Olive am Lokschuppen. Vor 30 Jahren hielten sie ihre Abiturzeugnisse in den Händen.

Auch das war ein besonders feierlicher Anlass. "Wir wollten es zur Abschlussfeier unbedingt schick", sagt Ute Leßmann. Im Kleid die Mädchen, im Anzug die Jungen - so haben sie damals in der Aula ihren Abschied gefeiert.

Dabei hatte alles ein paar Jahre zuvor ziemlich rustikal begonnen, als das Hochdahler Gymnasium 1969 in die Räume der Volksschule Kempen einzog. Der damalige Rektor Theodor Boddenberg erinnerte sich später: "Der Verwaltungsdirektor führte mich in mein zukünftiges Arbeitszimmer, das gleichzeitig Lehrerzimmer, Lehrmittelraum und Sekretariat sein sollte. Dort stand ein Telefon auf einem Schirmständer und sonst nichts. Und das alles zwölf Tage vor Schulbeginn."

Der Rektor wäre auch gern zum Klassentreffen am Samstag gekommen. "Er konnte leider eine Reise nicht verschieben und musste absagen", bedauerten seine ehemaligen Schüler.

Die erinnerten sich stattdessen daran, wie Theodor Boddenberg in den ersten Wochen die beiden fünften Klassen allein in allen Fächern unterrichtet hat.

Eine zweite Lehrerin war eingeplant, konnte aber erst sechs Wochen nach Schulbeginn kommen, weil sie sich ein Bein gebrochen hatte. Währenddessen wurde die Schule von den Katzen des benachbarten Bauernhofs heimgesucht.

"Die liefen über Tische und Bänke. Auf dem Schulhof stand ab und an eine Kuh, die wir durchs Fenster sehen konnten", weiß Marion Laase noch. Fiel zwischendurch die Heizung aus, ließ Rektor Boddenberg seine Schüler bei Wind und Wetter zu Leibensübungen antreten.

Immer zum Schuljahresbeginn, wenn die neuen Klassen kamen und angebaut werden musste, wurden die Stühle nach draußen gestellt. "Dann haben wir zugeschaut, wie die Container für die Klassenräume mit dem Kran abgeladen wurden", sagt Ute Leßmann.

Es gab noch ein anderes Privileg, auf das die Ehemaligen auch heute noch ziemlich stolz sind. Schüleraustausch nach Frankreich, der Besuch in Israel: Sie haben immer alles zum ersten Mal gemacht. Kurz vor ihrem Abitur zogen sie noch mit allen anderen Klassen in den Neubau des Gymnasiums um.

Vier Jahre später haben sie sich zum ersten Klassentreffen versammelt, seither trifft man sich ziemlich regelmäßig. Deshalb dreht sich dabei auch längst nicht mehr alles um die Vergangenheit. "Wir reden meistens über Erziehung, den Job oder Privates", plaudert Ute Leßmann aus dem Nähkästchen.

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