Haan: Weltensegler liegt vor Anker

Seit 20 Jahren lebt der Glasbläser Winston Doull in Haan. Doch mit 62 Jahren hat ihn wieder das Fernweh erfasst.

Haan. Dorthin gehen, wohin der Wind einen hintreibt. So kam Winston Doull vor fast 20 Jahren nach Haan. So hat es ihn zuvor schon nach Griechenland und für viele Jahre nach Israel verschlagen. Und so war er mit dem Surfbrett an südafrikanischen Stränden und später mit dem Segelboot auf den Weltmeeren unterwegs.

Wenn der 62-jährige Glaskünstler in seiner Werkstatt in der Kaiserstraße über sein Leben spricht, klingt vieles nach Abenteuer. Umgeben von seiner Kunst plaudert er von großen Reisen und der großen Liebe zu seiner Frau, die aus Haan stammt, und die er in Jerusalem kennengelernt hat.

Winston Doull arbeitete damals in seinem Glasstudio im Künstlerviertel Hutzot Hajotzer. Seine heutige Frau Ruth war Krankengymnastin. Man lernte sich kennen, sie half ihm bei Lötarbeiten, die ein großer Auftrag erforderlich machte. Man ging auseinander und traf sich zwei Jahre später wieder.

Aus dem zweiten Treffen wurde eine Familie. Vier der fünf Kinder kamen in Jerusalem zu Welt. Kurz vor Ausbruch des Golfkrieges verließ die Familie das Land und wanderte nach Deutschland aus.

Nach 20 Jahren hat Winston Doull dennoch nicht das Gefühl, wirklich angekommen zu sein. "Wenn man hier etwas machen will, braucht man für alles eine Genehmigung. Das ist der Tod jeder Kreativität", findet der Künstler, der sein Handwerk unter anderem an der Bezalel Kunstakademie in Jerusalem gelernt hat.

Danach ist er immer wieder Menschen begegnet, die wegweisend für sein weiteres Leben waren. Dazu gehört der israelische Künstler Motke Blum, mit dem er bei archäologischen Ausgrabungen antike Mosaike restaurierte.

Oder Ghani Torso aus Venedig, mit dem er seinen ersten Glasschmelzofen baute. Und Elio Quarisa aus Murano, der transparente Skulpturen entstehen lässt. So hat Winston Doull nicht nur seine Kunst gelernt, sondern auch das Wissen darüber, wie man Glasöfen baut und Werkzeuge herstellt.

Und so hätte es auch weitergehen können. Stattdessen wurde Doull jedoch ausgerechnet in dem Land sesshaft, in dem er sich eigentlich gar nicht wohlfühlt. Er versteht die vielen jungen Leute, "die erst einmal von hier in andere Länder weggehen. Sie nehmen das Risiko in Kauf und beginnen dort irgendetwas Neues", glaubt der Künstler.

Er selbst kann sich auch vorstellen, noch mal irgendwo neu anzufangen. Spätestens in drei Jahren, wenn die jüngste Tochter ihren Schulabschluss in der Tasche hat. Seine Frau braucht Winston Doull nicht zu überzeugen.

"Sie ist auch für eine Veränderung", sagt er. Wenn ihn zwischendurch das Fernweh überkommt, packt der kreative Kosmopolit sein Surfbrett aufs Auto und fährt nach Holland. Und dort trifft er ihn - den Wind, der einen überallhin trägt.

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