Gruiten: Das Bild mit den drei Türmen

Aus dem Archiv Breidbach ist ein über 100 Jahre altes Foto aufgetaucht, das Gruiten-Dorf mit drei Kirchen zeigt.

Gruiten. Lothar Weller ist begeistert. "Es kommt ja nicht alle Tage vor, dass man so ein bedeutendes historisches Foto entdeckt, das aus der Frühzeit der Fotografie stammt", sagt der erste Vorsitzende des Bergischen Geschichtsvereins Haan, der auch das Archiv der Evangelisch-reformierten Gemeinde Gruiten betreut.

Das Foto, das Weller jüngst im Archiv Breidbach (siehe Kasten) gefunden hat, könnte die älteste Aufnahme von Gruiten-Dorf sein. Sie zeigt den kleinen Ort so, wie ihn selbst die ältesten Gruitener nicht mehr mit eigenen Augen gesehen haben: mit drei Kirchen. Diese prägten nämlich nur für die kurze Zeitspanne von 15Jahren das Bild Gruitens.

Der Ursprung des ältesten Gotteshauses im Dorf wird auf etwa 1075 datiert - heute steht davon nur noch der Turm auf dem katholischen Friedhof von St. Nikolaus. "Erst von 1721 an gab es zwei Kirchen und ab 1879 tatsächlich drei, aber nur für kurze Zeit, denn 1894 wurde das Schiff der ältesten Kirche wegen Baufälligkeit abgetragen", sagt Weller.

Mindestens 116 Jahre alt muss die Gesamtansicht von Gruiten-Dorf sein, denn das Kirchenschiff der alten Kirche von St. Nikolaus wird zwar vom Geäst der Ulme am Doktorshaus etwas verdeckt, ist aber trotzdem zu erkennen.

Und nicht nur das. Lothar Weller hat sich intensiv mit dem Aufnahme beschäftigt und einige weitere ungewöhnliche Ansichten entdeckt. So steht links neben der evangelisch-reformierten Kirche (1721 fertiggestellt) das Pfarrhaus der reformierten Gemeinde von 1764 - allerdings mit einem zweigeschossigen Anbau, der laut Weller schon vor Jahrzehnten auf ein Geschoss zurückgebaut wurde.

Links von der katholischen Kirche würden Ortskundige das Haus am Quall vermuten, stattdessen ist eine Ansammlung von Gebäuden zu sehen, "aber vom Haus am Quall nur eine vage Spur", so Weller, der hinzufügt: "Das Haus war völlig zugebaut." Die sogenannte Bauernburg sei uralt, stamme aus dem 15. Jahrhundert und sei im Laufe der Zeit immer wieder an- und umgebaut worden. "Man brauchte Platz", erläutert Weller.

So wurde das Haus am Quall um ein paar Meter in Richtung "Schwan" und ein paar Meter in Richtung evangelisch-reformierte Kirche im Dorf erweitert. Erst in den 1970er-Jahren kam der Kern, die alte Bauernburg, wieder zum Vorschein.

Das Foto ist auch die einzige bekannte Aufnahme, die das Welschenhäuschen zeigt, das bis 1902 direkt an der Mauer um den Kirchhof (Welschenmauer) stand. "Rechts vor der alten Kirche sind das Dach, eine Giebelwand und das Fachwerk einer Seitenwand erkennbar", sagt Weller. Das Wort "welsch" bedeute "fremd". "Die Bezeichnung Welschenhäuschen lässt sich daher am ehesten mit Fremdenzimmer vergleichen", sagt Weller. "Das war ein Haus für die Fremden, die Durchreisenden."

"Außerdem ist das Foto das einzig bekannte, auf dem alle drei Gebäude zu sehen sind, die früher dem "Doktorshaus" gegenüber standen", sagt Weller: Unten das Offerhus, darüber das Haus Höhländer und oben das Schneidershaus, das so weit in die heutige Pastor-Vömel-Straße hineinragte, dass der Trolleybus sich mehr als 20 Jahre zwischen ihm und dem Haus Weinberg hindurchzwängen musste.

Heute steht von diesen Gebäuden nur noch das Offerhus. Das Haus Höhländer wurde bereits in den 1920er-Jahren, das Schneidershaus Mitte der 1950er-Jahre abgebrochen.

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