Evangelische Kirche wird aufgemöbelt

Bis November arbeiten Dachdecker an den neuen Schindeln. Bis dahin schweigt die Turmuhr.

Evangelische Kirche wird aufgemöbelt
Foto: Janicki

Mettmann. Nach zwei Jahrzehnten Seelsorge in der evangelischen Kirchengemeinde hatte Pfarrer Ernst Schmidt vor einigen Tagen ein Treffen auf höchster Ebene: Auf dem Baugerüst rings um die Kirche an der Freiheitsstraße stand er erstmals dem Wetterhahn gegenüber. Aug’ in Auge, gewissermaßen, in luftigen 42 Metern Höhe. „Das war schon ein besonderes Erlebnis“, lacht der Pfarrer. Kirchendach und Turmhaube werden derzeit komplett neu eingedeckt. Zum ersten Mal seit 1930. Die neuen Schindeln bestehen aus Moselschiefer, der unter Tage gewonnen wird.

Für Bauleiter Bernd-Rainer Gebauer (78), Architekt aus Mettmann, ist es schlicht ein vernünftiges Rechenexempel, zum teureren, aber in der Qualität deutlich besseren Schiefer zu greifen. Er ist wesentlich härter: „Der wird 80 bis 100 Jahre halten. Im Tagebau gewonnenen Schiefer müsste man hingegen bereits nach 30, vielleicht 40 Jahren erneuern.“ Spezialisierte Dachdecker aus dem Sauerland, früher sagte man „Leyendecker“, sorgen dafür, dass der neue Schiefer passgenau aufs geschwungene Turmdach kommt. Hierzu wird jede einzelne der vielen tausend Schiefertafeln vor Ort auf ihr exaktes Maß geschlagen. Und an den Rundungen und Falzen der barocken Zwiebelform müssen die Handwerker teilweise über Kopf arbeiten. Bauleiter Gebauer spricht mit großer Anerkennung über die Leistung dieser Spezialisten.

Im Zusammenhang mit dem neuen Kirchendach werden die Sockelmauern und Mauerabdeckungen überarbeitet. Einzelne Steine seien mit den Jahren schadhaft geworden, heißt es in einer Mitteilung der Gemeinde. Am zuletzt 1979 umfangreich renovierte Rokokotor blättert die Farbe ab. Die filigranen Metallröschen werden aufgearbeitet und bekommen am Ende des Tages einen neuen Anstrich - wobei dieser leichtfertig dahingeschriebene die dahinter stehende Handwerksleistungen nur sehr unzureichend beschreibt. Zudem werden die Zäune und Geländer rings um die Kirche aufgearbeitet.

„All diese Arbeiten haben wir bei den Sanierungsarbeiten in den Jahren 2012 und 2013 aufgeschoben“, berichtet Pfarrer Ernst Schmidt. Denn schon damals war klar: Das wird nicht billig. Veranschlagt sind derzeit rund 650 000 Euro an Kosten für alle Gewerke, der Löwenanteil mit 630 000 Euro wird für die Dacharbeiten fällig. Bei denen es natürlich auch Überraschungen gab: „Das Holz unter den Dachschindeln musste an einigen Stellen stärker aufgearbeitet werden, als wir uns das vorher vorgenommen hatten“, berichtet Pfarrer Schmidt. Weil manchmal von den Leyendeckern über die Schreiner, Steinmetze, Zimmerleute und Malergesellen sämtliche Gewerke auf der Baustelle Hand in Hand arbeiten, sind derzeit die Mittagsandachten gestrichen. Im Lärm der Hämmer scheint eine innere Einkehr bis Anfang November nicht möglich.

Darüber hinaus ist die Mettmanner Kirchenbaustelle Vorbild für einen berühmten Turmbau weiter westlich: Wie bei Big Ben schweigt derzeit die Turmuhr, weil die lauten Glockenschläge den Bauhandwerkern schlicht nicht zuzumuten sind.

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