Eine Ruhestätte erzählt Stadtgeschichte

Seit 1804 finden Bestattungen nicht mehr rund um Sankt Lambertus, sondern an Goethestraße statt. Kunstvolle Grabmale erzählen eine lange Geschichte. Sie stehen unter Denkmalschutz.

Eine Ruhestätte erzählt Stadtgeschichte
Foto: Dietrich Janicki

Mettmann. Also das geht gar nicht. Die Trauergemeinde in Feierlaune, ständig Prügeleien und all das auch noch an heiligen Sonntagen: Irgendwann ist auch mal Schluss mit lustig! Das Herzogtum Berg fackelte jedenfalls nicht lange und verbot vor mehr als 200 Jahren die Begräbnisse rings um St. Lambertus. Aber wie muss man sich das denn nun genau vorstellen?

Die buckelige Verwandtschaft schleicht also hinter der Schubkarre her, um den Verschiedenen zur letzten Ruhe auf den Marktplatz zu geleiten. Noch während der Pfarrer salbungsvolle Worte deklamiert, knallen in den hinteren Reihen schon die Sektkorken. Obwohl, Sekt wird’s wohl kaum gewesen sein, der die Herrschaften im Schatten des Gotteshauses in ein prügelndes Gesindel verwandelt hat.

Warum auch immer, dem Herzog wurde es jedenfalls zu bunt. Beerdigungen fanden fortan auf dem Gelände von Gut Groß-Born (Teil des heutigen Friedhofes an der Goethestraße) statt. Der Umzug hatte aber auch hygienische Gründe. Denn man wollte keine Begräbnisstätten mehr innerhalb in der Wohngebiete.

Nach der Verlegung ließ der erste Ärger jedoch nicht allzu lange auf sich warten. In einem gemeinsamen Beschwerdebrief erklärten die reformierte und die lutherische Gemeinde: „Der katholische Pfarrer hat gestern, als der Friedhof ohne unser Zuthun und ohne unser Wissen eingeweiht wurde, durch den anwesenden Geistlichen öffentlich erklären lassen, dies sei der heilige katholische Kirchhof“, schreibt Heimatautor Ludwig Rasche in der Medamana.

Und dann wurde es auch noch zu eng auf dem neuen Gottesacker, weil die Leichen wegen der Eigentümlichkeit des Bodens nur langsam verwesten. Diese Schieberei mit den Schubkarren war offenbar auch lästig geworden und bald schon wurden die Toten auf dem Leichenwagen zum Grab gezogen. Zwei Jahrzehnte später wurde der Friedhof entwässert, da das Grundwasser in die Gruften eintrat und die Leichensärge nicht in trockenen Boden eingesenkt werden konnten.

Zu den Gerätschaften des „städtischen Kirchhofes“ zählten damals drei Totenbahren, fünf Leichentücher, zwei Hacken und drei Schaufeln. Der Totengräber erhielt seinen Lohn aus der Vergütung für die Beisetzungen und aus „dem Genuße des gesamten Graswuchses auf dem Kirchhof“. Je korpulenter die Leiche, desto höher der Lohn. Schließlich musste dafür tiefer und breiter gegraben werden. Die 15 Silbergroschen für eine „Armenleiche“ zahlte übrigens die Stadtkasse.

Noch vor dem Ersten Weltkrieg plante die Stadt die Erweiterung des Friedhofsgeländes in Richtung Goethestraße. Nachdem auch das zu Gründungszeiten gebaute „Bahrenhäuschen“ längst ausgedient hatte, folgte in den 1950er Jahren der Bau einer neuen Friedhofskapelle. Neben den räumlichen Gegebenheiten veränderte sich auch der Gerätebestand.

1956 wurde die erste Bodenfräse angeschafft, ein Jahr später der erste Flachtransportwagen für Kränze und nach einem weiteren Jahr die erste Elektro-Heckenschere. Übrigens: Den Leichenschmaus gibt’s längst woanders.

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