Ein Bahnhof wird zum gemütlichen Domizil

Landschaftsgärtner Richard Bödeker rettete den Bahnhof Neandertal vor dem Verfall.

Ein Bahnhof wird zum gemütlichen Domizil
Foto: M. Schümmelfeder

Mettmann. Vom Hühnerstall über das Toilettenhäuschen bis zum Güterschuppen: Wenn das mal keine steile Karriere für einen Firmensitz ist. Besucht man ihn in seinem Büro im Bahnhof Neandertal, kann man gemeinsam mit Richard Bödeker über ein solches Kopfkino lachen. Der Mann hat Humor — und er braucht ihn bestimmt auch. Würde man sich sonst in die Irrungen und Wirrungen hineinbegeben, die der Denkmalschutz so mit sich bringt? Als Blick in den Rückspiegel der Geschichte ganz bestimmt sinnvoll, verwaltungstechnisch ein Bürokratiemonster und für den Eigentümer einer solchen Immobilie manchmal ein Grund für schlaflose Nächte.

Alpträume hat Richard Bödeker als Bahnhofsbesitzer dennoch nur selten bekommen. Denn vieles hatte er schon umgebaut, während er das Domizil über Jahre hinweg von der Bahn gemietet hatte. „Ich habe dort für alles Anträge und Pläne eingereicht. Das lief prima“, erinnert sich der Landschaftsarchitekt daran, wie alles begann. Als er den Bahnhof später kaufte, gab es plötzlich andere Zuständigkeiten und zuweilen war das alles nicht so einfach mit den Ämtern und Behörden. Aber irgendwie wurde man sich dann wohl doch einig, meistens jedenfalls.

Wer sich heute in seinem Güterschuppen-Büro umschaut, spürt vor allem eines: Hier war und ist jemand mit viel Herzblut bei der Sache. Angefangen hatte alles vor beinahe 60 Jahren — in Sichtweite zum alten Bahnhofsgebäude. „Ich hatte mich damals noch als Single in eines der Appartements der ,Villa Sommer’ direkt gegenüber eingemietet“, plaudert Richard Bödeker über längst vergangene Zeiten. Die ersten Schritte in die Selbstständigkeit als Landschaftsarchitekt nahmen auf 35 Quadratmetern ihren Anfang. „Dort wurde gewohnt, gearbeitet und unter den Tischen geschlafen“, erinnert sich Bödeker schmunzelnd an beengte Verhältnisse.

Um denen zu entrinnen, baute er erst den Hühnerstall im Garten zum Wohnbüro um. Und dann ging´s mit dem Toilettenhäuschen am Bahnhof weiter. Dazu hatte es damals bei der Bahn eine Aktennotiz gegeben. „Da gibt es einen, der das alte Klo kaufen will, das wir eigentlich abreißen wollten. Können wir dafür noch was nehmen?“, war dort zu lesen. Am Ende waren es 1000 Mark, die Richard Bödeker für das abbruchreife Örtchen auf den Tisch legen musste. Er engagierte den Mettmanner Architekten Manuel Reig, um aus der Toilette gemütliche vier Wände werden zu lassen.

Und dann ging´s auch schon weiter im Bahnhof selbst, den der Landschaftsarchitekt damals noch von der Bahn gemietet hatte. Erst der Güterschuppen, dann die Bahnhofskneipe und die Wartesäle. Schlussendlich kaufte Richard Bödeker das alte Gemäuer, um jenseits seines Büros vom Keller bis zum Dachgeschoss insgesamt sieben stilvolle Wohnungen entstehen zu lassen. Ach ja, zwischendurch hatte er auch noch mit Wasser im Keller und dem leidigen Hausschwamm zu kämpfen. „Das war wie im Horrorfilm“, erzählt er vom lästigen Mitbewohner, über den er einst an die zuständige Behörde mit biblischen Worten schrieb: „Wenn man den Hausschwamm hat, muss ein Priester kommen, um das Haus zu segnen. Danach muss es abgebrannt werden.“ Dazu kam es Gott sei dank nicht. Der Bahnhof steht noch — und auch die alte Suzuki Intruder hängt auch noch an der Decke. Geheizt wird mit dem „Bullerjan“ und gemütlich ist es ohnehin in jeder Ecke.

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