Mettmann: Neandertaler und Homo sapiens

Neanderthal Museum betreibt Hightech-Forschung in Nordafrika und Südspanien. Seit Anfang Juli arbeiten über 70 Wissenschaftler aus ganz Deutschland auf einer Fläche von etwa 100 Quadratkilometern in Höhlen und auf freiem Gelände.

Mettmann. Faustkeile, Steinklingen, Keramik und Elfenbeinteile, die wahrscheinlich von einem Mammut stammen: So sieht der bisherige Querschnitt der Funde aus, die Forschergruppen unter Beteiligung des Neanderthal Museums bei Grabungen im nordöstlichen Rif, einem Kalksteingebirge an der Mittelmeerküste Marokkos, gemacht haben.

"Wie vollzog sich die Ausbreitung des frühen modernen Menschen (Homo sapiens sapiens) von Afrika nach Europa?" Unter dieser Fragestellung forschen und graben seit Anfang Juli über 70 Wissenschaftler aus ganz Deutschland auf einer Fläche von etwa 100 Quadratkilometern in Höhlen und auf freiem Gelände.

Erst kürzlich wurde sogar ein Kooperationsvertrag zwischen dem Neanderthal Museum und dem Institut National des Sciences de l’Archéologie et du Patrimoine in Marokkos Hauptstadt Rabat unterzeichnet. Damit soll das auf zwölf Jahre angelegte Projekt, das Teil des neuen Forschungsprojekts "Our Way to Europe" (Unser Weg nach Europa) ist, noch effektiver vorangetrieben werden.

In enger Kooperation mit den Universitäten Köln und Bonn sowie der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RHTW) Aachen soll vor allem die Frage behandelt werden, inwieweit das damalige Klima und die Umweltbedingungen die Wanderungen und Verbreitungen der Neandertaler und des Homo sapiens sapiens beeinflusst haben.

"Wir vermuten, dass das Verschwinden des Neandertalers ein recht unspektakulärer und normaler Populationszusammenbruch war", sagt der Leiter des Mettmanner Neanderthal Museums, Dr. Gerd-Christian Weniger.

Genau in dem Forschungsbereich zwischen Südspanien und dem nordafrikanischen Marokko, der untersucht wird, sollen moderne Menschen (Marokko) und Neandertaler (Spanien) noch etwa 10.000 Jahre lang nebeneinander gelebt haben. Zumal dort vor tausenden Jahren durch die an dieser Stelle wesentlich dichter beieinander liegenden Kontinente noch eine Brückenfunktion geherrscht haben soll.

"In unserem Forschungsbereich befindet sich durch die Bodenverhältnisse, Höhlen und viele unberührte Gewässer ein sehr hohes Datenpotenzial", sagt Weniger. Mittels Erd- und Gesteinsproben ist eine Rekonstruktion des damaligen Klimas und der chronologischen Veränderungen möglich. Vor allem Gewässer, so Weniger, blieben in dieser Hinsicht von Fremdeinflüssen unberührt.

Daher stehen künftig Bohrungen und Forschungen auf dem Plan. Als hilfreich haben sich dafür spezielle Instrumente wie Geo-Radar oder Laser-Scanner erwiesen. "Sie zeigen uns schon vorher, was uns bei den Untersuchungen im Boden erwartet", erklärt der Museumsleiter.

In einem zweiten Abschnitt soll schließlich mit Hilfe der Daten und Funde die Entwicklung der Jäger- und Sammlerkulturen zur Ackerbau- und Viehzuchttradition unter die Lupe genommen werden.

Weniger: "Es wird davon ausgegangen, dass diese Traditionen und Weiterentwicklungen gerade im Mittelmeerraum über richtiggehende Netzwerke zwischen den Jägern und Sammlern in Nordafrika und in Südeuropa verbreitet und ausgetauscht wurden."

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