Kreis Mettmann: Zwangsurlaub für Eidechsen

Weil in Ratingen ein neues Gefängnis gebaut wird, siedeln die Reptilien nach Erkrath um.

Kreis Mettmann. "Lacerta agilis" ist flink. Aber nicht flink genug, wenn in den kommenden Monaten die Bagger anrücken, um auf dem ehemaligen Militärgelände an der Oberhausener Straße in Ratingen Platz für die neue Justizvollzugsanstalt Düsseldorf zu schaffen.

Da die dort lebenden Zauneidechsen aber auf der Roten Liste der zu schützenden Tier- und Pflanzenarten stehen, wäre ein Baustopp des Gefängnis-Projektes programmiert gewesen - wenn nicht ein ökologisches Planungsbüro, Landschaftsbehörden und das Naturschutzzentrum Bruchhausen in Erkrath eine Idee umsetzen würden.

Damit die Tiere während der zweijährigen Bauarbeiten nicht überfahren, verschüttet oder vertrieben werden und damit sie nicht Hungers sterben, weil sie sich ständig verstecken müssen, werden die Zauneidechsen nun "in den Zwangsurlaub" geschickt.

"Man kann nur schätzen, aber die Population beträgt dort mindestens 100 Tiere", so Karin Blomenkamp, Leiterin des Naturschutzzentrums Bruchhausen.

Denn die Zeit drängte, da ab November Eidechsen in die Winterstarre fallen und sich in den Boden eingraben. Für die "Echsensafari" wurde in den vergangenen Wochen ein Mitarbeiter der Biologischen Station "Mittlere Wupper" zum Eidechsenjäger.

Mit Fangeimer, Geduld und viel Glück gelang es ihm, über 60 der Echsen - darunter 30 Jungtiere - zu fangen und zum Erkrather Naturschutzzentrum zum bringen. "Jede Eidechse wurde gemessen, gewogen und fotografiert", so Karin Blomenkamp.

Dann kamen die Eidechsen in die zwei jeweils 300 Quadratmeter großen Gehege, in denen sie vorübergehend gehalten werden können. Versteckreviere, Sonnplätze, Eiablageplätze und Naturfutter sollen den Aufenthalt so artgerecht wie möglich machen, bis der ehemalige Lebensraum rund um den Neubau wieder einigermaßen besiedelbar ist.

Ein weiteres Gehege entsteht übrigens in Ratingen, um dort im Frühjahr die Tiere unterbringen zu können, die bislang unentdeckt geblieben sind. Karin Blomenkamp: "Mehr Platz steht in Erkrath nicht zur Verfügung, und wir wollen nicht, dass es unter den Tieren Stress wegen Revierkämpfen gibt."

Damit die Eidechsen in ihrem Übergangsquartier auch möglichst vollzählig bleiben, wurden beim Gehegebau - genau wie beim Gefängnis-Neubau - auch Sicherheitsfragen berücksichtigt.

Ein kniehoher dichter Plastikzaun sorgt dafür, dass die Eidechsen nicht ausbrechen können. Ein zwei Meter hoher Maschendrahtzaun dient als Schutz vor ungebeten Besuchern wie Katzen - und Menschen.

Natürlich hofft Karin Blomenkamp auch, dass sich die Zauneidechsen nach der Winterstarre in ihrem Erkrather Exil so gut eingelebt haben, so dass sie etwas für den Nachwuchs tun.

"Wenn die Tiere im März wieder wach werden, müssen wir sie ohnehin füttern." Weshalb über die Wintermonate für Frischfleisch gesorgt wird und zum Beispiel Mehlkäfer gezüchtet werden.

Und wie es sich für eine umweltpädagogische Einrichtung wie dem Naturschutzzentrum gehört, können auch Schulen an dem Projekt teilnehmen. "Die Außengehege bieten gute Möglichkeiten, die Tiere zu beobachten und zu erforschen", erhofft sich Karin Bloemenkamp das Interesse der Schüler.

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