Kreis Mettmann: An jeder Ecke ein Frisörsalon

Das Geschäft mit dem Aussehen gedeiht. Allein im Kreis Mettmann gibt es derzeit fast 500 Frisörbetriebe. Und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange.

Kreis Mettmann. Vor gar nicht allzu langer Zeit hat Thomas Hendele (CDU), der Landrat des Kreises Mettmann, gesagt, dass nicht alle davon leben könnten, sich gegenseitig die Haare zu schneiden. Damals ging es um die Fortentwicklung des Wirtschaftsstandortes ME. Und viele hörten Hendele aufmerksam zu. Junge Frisörmeister waren sehr wahrscheinlich nicht darunter.

Die suchten zur selben Zeit Lokale, in denen sie ihre eigenen Läden eröffnen können. Denn das Geschäft mit dem Aussehen wächst schneller als die Haare auf dem Kopf. Frisörsalons an fast jeder Ecke im Kreis Mettmann, aber auch beispielsweise in Wuppertal künden davon.

Zwischen Monheim und Heiligenhaus, Ratingen und Velbert machen 445 Betriebe Umsatz mit Köpfchen. Allein in Haans Innenstadt buhlen elf Läden um Kunden. In Mettmanns Zentrum sind es zwölf. In Ratingen und Velbert ist es ähnlich.

Wie sehr die Branche boomt, zeigt ein Blick ins Jahr 2007. Damals zählte das Statistische Bundesamt etwa 70.500 Frisörsalons in Deutschland. Im Jahr zuvor waren es noch 68.500 gewesen. Für 2008 liegen noch keine Zahlen vor. Aber einiges spricht dafür, dass die Tendenz anhält. So plant etwa die Düsseldorfer Essanelle-Kette mit einem Zuwachs von 50 Filialen pro Jahr. Derzeit steuert das börsennotierte Unternehmen auf Nummer 700 zu.

Dass die Düsseldorfer bei knapp 130 Millionen Euro Umsatz damit nur einen Marktanteil von zwei Prozent erreichen, belegt, wie das Frisörhandwerk organisiert ist. Von den 70.000 Betrieben bundesweit sind 60.000 in der Hand von eigenständigen Unternehmen. Noch.

Die Ketten und die großen Hersteller von Haarkosmetik drängen auf den Markt. Wie früher die Bierbrauereien versuchen Konzerne wie Branchenprimus Wella, L’Oreal oder Schwarzkopf über neue Salons Marktanteile hinzu zu gewinnen. Existenzgründern werden finanzielle oder logistische Hilfen gewährt, dafür müssen sie für einen bestimmen Zeitraum auf Produkte ihres Unterstützers zurückgreifen, und zwar ausschließlich.

Gut ausgebildete Jungunternehmer gibt es offenbar genug. Das ist auch nötig. Denn ohne Meisterbrief darf in Deutschland in der Regel niemand einen Salon eröffnen.

"Ich habe Achtung vor jedem, der diesen Schritt wagt", sagt Dieter Kuhs. Dennoch beobachtet der Obermeister der Frisörinnung für den Kreis Mettmann die vielen neuen Läden mit Argwohn und mit Sorge um die Qualität.

"Das ist keine Konkurrenzsituation mehr, das ist ein knallharter Verdrängungswettbewerb", sagt der Velberter (60). Kuhs betreibt sein Geschäft seit 35 Jahren. Heute beschäftigt er noch sieben Leute. "Wir waren mal 15."

Dieser Stellenabbau war zwangsläufig. Denn mehr Salons ist nicht gleichbedeutend mit mehr Umsatz. Die Konkurrenz drückt den Preis nach unten. Das ist gut für die Kunden, aber schlecht für die Unternehmer, die im zunehmend härter werdenden Wettbewerb keinen starken Partner im Rücken haben. Deshalb ist für Frisöre nahe Zukunft, was für Bäcker schon Gegenwart ist: Handwerk in Filialen.

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