„Jugend musiziert“: Zwölf Minuten Anspannung

Isa Rosin und Maximilian Pieper nehmen zum ersten Mal am Wettbewerb „Jugend musiziert“ teil und erspielen sich am Klavier und auf der Oboe einen ersten und zweiten Platz.

Ratingen. Konzentrierte Stille herrscht im Konzertsaal der Ratinger Musikschule. Kaum einer traut sich, seine Sitzposition zu verändern. An einem langen Tisch zwischen den Stuhlreihen sitzt die Jury. Der Lichtkegel zweier Leselampen fällt auf ihre Notizblöcke, über die ab und an ein Stift schnellt.

Auf der Bühne sind Isa Rosin (12) aus Hilden und Maximilian Pieper (14) aus Erkrath in ihrem Element: Maximilian hat am Flügel Platz genommen, Isa rückt ihre Notenblätter zurecht und presst die Oboe zwischen ihre Lippen.

Dann folgen zwölf Minuten im Scheinwerferlicht, mit Auszügen aus einer Sonate des Komponisten Alessandro Besozzi und „The Grasshopper“ von Benjamin Britten.

Nach 20 Jahren in Hilden fand der Regionalwettbewerb „Jugend musiziert“ für den Kreis Mettmann erstmals in Ratingen statt. Etwa 220 Musiker zwischen sieben und 20 Jahren stellten sich in 14 Kategorien vor, darunter Klavier-Duos, Mandoline, Saxofon und Oboe, mit der Isa in der Altersgruppe der 12- bis 13-Jährigen antrat, am Klavier begleitet von ihrem Musikschulpartner.

Die Beiden nehmen zum ersten Mal am Wettbewerb teil. „Wir haben in den Sommerferien angefangen zu üben, erst einmal jeder für sich“, erzählt Isa. „Im Januar haben wir uns dann fast jeden Tag getroffen.“

Es ist nicht ihr erster Auftritt in diesen Tagen: „Am Mittwoch hatten wir ein Konzert im Seniorenzentrum Haus Horst in Hilden. Da waren wir aufgeregter als hier, vor allem, weil viel mehr Leute da waren.“ Bereits im Kindergarten interessierte sich Isa für die Oboe. „Aber ich habe dann zunächst Blockflöte gelernt. Denn wenn du so kleine Finger hast, kommst du bei der Oboe noch nicht an die Klappen.“

Während die Jury aus Pianist Oliver Drechsel (Monheim), Multiinstrumentalist Bernd Balkenborg (Dormagen) und Kerstin Henckens, Querflöten-Lehrerin in Hilden, ihre Wertungen festlegt, bleibt Maximilian gelassen: „Ich habe keine Erwartungshaltung“, sagt der 14-Jährige. „Natürlich wollen wir eine hohe Punktzahl, aber wenn wir nicht zum Landeswettbewerb weitergeleitet werden, ist das nicht schlimm.“

Zum NRW-Entscheid im März gemeldet werden Teilnehmer, die 23 bis 25 Punkte verbuchen können. „Es war eine schöne Erfahrung“, ergänzt Isa, „der Saal ist schön, die Akustik toll. Wichtig ist, dass wir Spaß haben.“

Im Wettbewerbsbüro sitzt derweil Paul Sevenich. Der Leiter der Ratinger Musikschule hält die Fäden zusammen: „Ich horche nach, wie sich die Juroren verstehen, aber auch, wie die Stimmung bei den Eltern ist. Viele Besucher betonen die Atmosphäre im Haus und die Gastlichkeit.“

Zudem fühle er sich der Konzentration jedes Teilnehmers verpflichtet, „der ja zehn bis zwanzig Minuten unter Anspannung auftritt. Und wenn gerade dann drei Leute reinlatschen und den Fluss stören, ist das ärgerlich.“ Deshalb habe er vor den Türen großflächige Hinweisschilder angebracht.

Denn Spielregeln gibt es auch für Besucher. „Isa Rosin und Maximilian Pieper!“, hallt es durch den Gang. Die Jury verschwindet mit beiden Familien im Wertungszimmer.

Wenige Momente später brandet Applaus auf. Die Tür öffnet sich. Familienmitglieder strömen ins Foyer, verteilen Sektgläser. Isa erhält 20 Punkte und damit einen zweiten Preis, Maximilian spricht die Jury mit 23 Punkten einen ersten Preis zu. Zum Landeswettbewerb kann er dennoch nicht antreten, da die Teilnahme eines jugendlichen Begleitpartners abhängig vom Solisten ist.

„Ob 19, 20 oder 21 Punkte, darum geht es letztlich nicht“, betont Sevenich. Das sage ich auch meinen Schülern. Was wir in den Monaten zuvor gewonnen haben, fachlich und menschlich — das ist die wichtige Bilanz.“

Und noch etwas ist dem 46-Jährigen, der als Vorsitzender des Regionalausschusses fungiert, ein Anliegen: „Bei uns wird niemand aufgrund seiner Leistung bloßgestellt oder verbraucht, wie es im Fernsehen der Fall ist. Bei uns sind grundlegende Werte wichtig.“ Dadurch möge zwar die Aufmerksamkeit geringer sein, aber dafür stehe „Jugend musiziert“ für Qualität und ernsthafte Förderung. Auch in der 49. Auflage.

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