Kein "Nötigungsvorsatz": Ehemaliger Pfleger wird freigesprochen

Hilden. Wollte der 48-jährige Sch. Missstände im Heim anklagen oder sich günstigere Arbeitszeiten verschaffen? Das musste am Dienstag das Amtsgericht in Langenfeld klären. Wegen „Versuchter Nötigung“ stand Sch. vor Gericht.

Nach fast zweistündiger Verhandlung stand für den Vorsitzenden Richter fest: Freispruch. Staatsanwältin und Rechtsanwalt hatten ebenfalls auf Freispruch plädiert.

Sch. arbeitete zehn Jahre in einem Hildener Heim für Schwerbehinderte. Zuletzt in Teilzeitarbeit. 2009 sind ihm Missstände aufgefallen. Ein Rollstuhl hatte für einen Patienten nicht die richtige Größe, ein anderer Patient hortete Lebensmittel in seinem Kühlschrank. Was aber Sch. dazu bewog, mit Vorgesetzten zu sprechen, war, dass ein Heimbewohner versucht hatte, einen anderen zu vergewaltigen.

Die Geschehnisse hatten Sch. so zugesetzt, dass er sich in Therapie begab. Im Oktober 2010 suchte der das Gespräch mit dem Vorstand der Einrichtung, sprechen konnte er aber letztlich „nur“ mit seiner damaligen direkten Vorgesetzten. Sch. habe darum gebeten, nur noch einmal pro Monat Wochenenddienst im Heim zu verrichten. „Das ist in einer Pflegeeinrichtung schwierig“, so die Zeugin.

Das Gespräch habe schließlich eine Wendung genommen. Wenn man ihm mit der Arbeitszeit entgegen käme, würde er über die Vorfälle, die er im Hildener Heim beobachtet habe, nicht sprechen, so die Zeugin, der die Staatsanwältin lange auf den Zahn fühlte.

Das Gespräch verlief ohne Ergebnis, doch die Pflegeleiterin informierte über das Gespräch mit Sch. Es folgte die Kündigung für den Pfleger. Und die Anklage wegen versuchter Nötigung. Sch. soll gedroht haben, die Presse zu informieren. Der 48-Jährige arbeitet jetzt als selbstständiger Masseur, hat aber die Vorfälle im Heim nicht vergessen. „Er hat noch sehr vieles zusammengetragen“, so sein Anwalt. Da letztlich nicht zu klären war, ob Sch. mit seiner Chefin vor zwei Jahren vordringlich über die Missstände oder über seine Arbeitszeitumverteilung sprechen wollte, wann und wie es zu einer Vermischung der Themen kam, wurde Sch. freigesprochen. „Der Nötigungsvorsatz fehlte“, so der Vorsitzende Richter.

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