Geschichte einer Postkarte: Ein Schatz aus dem Feldlager

Die Geschichte der Postkarte von Inge Harchula führt von Hilden nach Russland und zurück.

Hilden. Wie einen Schatz hütet Inge Harchula die Postkarte, die sie der WZ zur Verfügung gestellt hat, um die Geschichte hinter dem Foto zu recherchieren. Wertvoll ist die Karte für die Erkratherin, die in Hilden aufgewachsen ist, weil sie ein ungewöhnlicher Teil ihrer Familiengeschichte ist: „Auf dem Bild bin ich als kleines Mädchen mit meiner Mutter zu sehen“, sagt sie. Inge Harchula schätzt, dass sie damals etwa drei Jahre alt war. Sie ist Jahrgang 1936, demnach ist das Foto 1939 oder 1940 entstanden.

Noch ungewöhnlicher ist die Geschichte der Postkarte selbst: Eigentlich wollte ihre Mutter Eleonore „Lore“ Wiertz ihrem Ehemann Peter im März 1942 nur einen Ostergruß aus der Heimat ins Feldlager nach Russland schicken. Dafür kaufte sie eine beliebige Postkarte mit einem Bild der Mittelstraße, um sie ihrem „Petermann“ zu schicken.

Der Gefreite Peter Wiertz hat sich das Bild sehr genau angeschaut, denn der Vater von Inge Harchula schickte die Karte umgehend zurück. „Hast Du Dir die Karte genau angeschaut?“, fragte er in seinem Brief nach. Das tat Lore Wiertz dann auch: Ohne es zu bemerken, hatte sie eine Karte geschickt, auf der sie und ihre einzige Tochter zu sehen sind.

Zu sehen sind auf der Postkarte aber auch noch einige Gebäude. Unter anderem die Reformationskirche am Alten Markt im Hintergrund und das ehemalige Sparkassen-Gebäude an der Ecke zur Bismarckstraße, vor dem Lore und Inge Wiertz fotografiert wurden.

Heute steht an dieser Stelle die Itter-Galerie mit Geschäften und Wohnungen. Im September 1997 wurde mit deren Bau begonnen. Zwei Jahre später war das Projekt abgeschlossen, in das die Provinzial mehr als 20 Millionen D-Mark investiert hat. Für den Neubau war das auf dem Foto abgebildete Gebäude abgerissen worden. Darin war zunächst die Sparkasse und danach die Stadtbücherei untergebracht.

Gebaut wurde das alte Sparkassen-Gebäude im Jahr 1935. Aus dem Adressbuch 1936/37 der Stadt Hilden geht zudem hervor, dass zu dieser Zeit auch der damalige Bürgermeister Walter Schomburg dort gewohnt hat. Die Sparkasse residierte dort bis Mitte der 1970er-Jahre und zog dann in einen Neubau auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Der ist inzwischen ebenfalls durch einen weiteren Neubau ersetzt worden.

Nach dem Auszug der Sparkasse zog die Bücherei in das Gebäude. Auch Kulturamt, Schulamt, Sportamt und Jugendamt waren dort untergebracht. Mit dem Umzug in den Neubau am Nové-Msto-Platz endete die Nutzung des Gebäudes, das im April 1995 von einer Gruppe Jugendlicher für einige Wochen besetzt wurde. Im August 1997 wurde es dann abgerissen.

Dieses Schicksal teilte auch das Gebäude, das zuvor auf dem Grundstück an der Ecke Mittel-/Bismarckstraße stand: die sogenannte „Schwarze Burg“. Sie wurde 1929 abgerissen. Aus Unterlagen im Stadtarchiv geht hervor, dass der damalige Verkehrs- und Verschönungsverein im April 1929 bei der Stadtverwaltung anfragte, ob auf dem Grundstück eine provisorische Grünfläche angelegt werden könne. Die Antwort aus dem Rathaus ist nicht überliefert.

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