Die Stadt sucht Mittler: Wegweiser aus der Armut

Die Stadt sucht Mittler, die bedürftige Familien mit den zuständigen Dienststellen zusammenbringen.

Hilden. Richard Porkhaus lebt in Hilden. Er hat zwei ältere Geschwister, aber keinen Vater mehr. Seine Mutter stemmt den Alltag alleine: arbeiten, kochen, putzen, einkaufen. Bei Klassenfahrten bleibt Richard zu Hause. Seine Schulkameraden nennen ihn Richy Poor und meinen es noch nicht einmal böse.

Natürlich gibt es Richard Porkhaus nicht, denn sonst stünde hier nicht sein vollständiger Name. Richy ist die Hauptfigur in „Armer Anfang ist schwer“, einer soeben erschienenen Broschüre des Hildener Amts für Jugend, Schule und Sport. Sie führt Menschen aus der Sozialen Arbeit in Hilden zu den Anlaufstellen für benachteiligte Familien und will aus ihnen „Mittler“ machen: Kontaktpersonen, die die oft allzu große Lücke zwischen den Betroffenen und den verschiedenen Dienststellen schließen.

Solche Mittler sucht die Stadt zur Zeit, denn „nur eine soziale Stadt ist eine Stadt mit Zukunft“, sagt Sozialdezernent Reinhard Gatzke. Gerade auch benachteiligte Familien sollen in Hilden „gut aufgehoben sein, das Gefühl bekommen, getragen zu werden“, formuliert Gatzke die Zielsetzung.

Mittler sollen lernen, wie man Armut erkennt und auf Betroffene zugeht. Dazu wird Ute Belz, die städtische Projektbetreuerin, im nächsten Jahr mehrere Seminare anbieten. Dabei gehe es nicht darum, neue Angebote zu schaffen oder die finanzielle Unterstützung auszuweiten, sondern alle Möglichkeiten und Wege der Unterstützung zu bündeln und zum richtigen Zeitpunkt an und in die Familien zu bringen.

„Jede Leistung ist zum Beispiel auch mit Bürokratie verbunden“, sagt Gatzke. Die- Mittler sollen Lotsen sein — auch durch den Dschungel der Bürokratie. Einen ersten Schritt zur Bündelung von Wissen habe die Stadt bereits mit der Einrichtung von „Stellwerk“, dem Familienbildungsbüro getan.

Dort werde nicht nur die Unterstützung aus dem Bildung- und Teilhabepaket vermittelt, die Familien werden umfassend zur ihren ganz individuellen Problemen betreut und beraten. Die gesuchten Mittler sollen ebenfalls die Angebote in der Stadt kennen und diese weitergeben — „sobald sie eben mit Armut konfrontiert werden“, sagt Gatzke. „Armer Anfang ist schwer“ ist Teil von „Pro-Te-Kt“, dem Konzept der Stadt zur Förderung der Teilhabe Benachteiligter am gesellschaftlichen Leben.

Das Projekt wird vom Landesjugendamt drei Jahre lang gefördert. Der Titel der Broschüre ist dabei bewusst gewählt, denn familiäre Armut belastet schon die Jüngsten. „Wir möchten Familien früh an die Hand nehmen, um sie auch über die Bruchstellen im Leben — wie etwa die Einschulung und später den Schulwechsel — zu begleiten“, sagt Sven Lutter von der SPE Mühle, einer der ersten Mittler, „wenn nötig, bis alle Kinder erwachsen sind.“

Am Ende der Broschüre ist Richy überglücklich: Viele nette Menschen haben seiner Mutter geholfen und jetzt klappt es auch mit der Klassenfahrt.

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