Farbschlacht mit Strategie

Trendsport: Kritiker halten Paintball für ein Kriegsspiel. Die Sportler wehren sich gegen dieses Etikett. Die WZ macht in der neuen Paintballhalle in Monheim den Selbstversuch.

Monheim. Eben war die Welt noch einfach. Da war man sich sicher, dass Paintball irgendwas mit Kriegsspiel zu tun hat und in etwa so schlimm ist wie Ballerspiele am Computer. Und jetzt steht man hier in einer Westernstadt aus Pappmaché, verschanzt sich hinter einem Indianerzelt und versucht so viele Menschen wie möglich mit Farbbällen zu treffen.

„Paintball ist nicht martialischer als Völkerball“, sagt Bastian Meier. Der 31-Jährige hat gerade in Monheim auf 4100 Quadratmetern eine Paintballhalle eröffnet. Davor hat der Sportökonom monatelang Politikern und Stadtspitze erklärt, dass das hier kein Kriegsspiel, sondern Konditionssport ist. Und jetzt erklärt er es blutigen Anfängern wie der Frau von der Presse, die selber herausfinden will, was an der Farbschlacht dran ist.

Vorher hat er die Frau sicher in Gesichtsmaske, Brustpanzer und Nackenschutz verpackt. Und erst mal erklärt, worum es hier geht: Paintball ist ein Teamsport, bei dem sich zwei Mannschaften gegenüberstehen. Es geht darum, alle Gegner per Druckluftmarkierer — „niemals Waffe sagen“ — mit Farbkugeln zu treffen und damit aus dem Spiel zu schicken.

Am Ende gewinnt je nach Modus die Mannschaft, die als letzte Spieler im Feld hat, die eine gegnerische Flagge klaut oder die als erste einen gewissen Punkt auf dem Spielfeld erreicht. Nach fünf Minuten ist die Sache in der Regel entschieden.

In der Westernstadt dauert es heute länger. Was nicht zuletzt daran liegt, dass wenig passiert, wenn sich die Anfängerin hinter dem Tipi verschanzt. Deshalb gibt es jetzt eine Ansage vom Chef. „Hinter den Fässern findest du Deckung. Schießen, gleichzeitig laufen und hinwerfen“, ruft Bastian Meier durch seine Schutzmaske. Laufen und gleichzeitig schießen geht noch. Nur das Hingleiten vor die Fässer sieht nicht so sportlich aus wie geplant. Außerdem ist vom Gegner rein gar nichts zu sehen. Der hält sich im Saloon versteckt und schießt aus den Fenstern raus.

Kritiker sind überzeugt, dass beim Paintball Freizeit-Rambos Gewaltfantasien ausleben. Die Sportler selbst vergleichen es eher mit einem Schachspiel, bei dem die Mannschaft so auf dem Feld positioniert wird, dass die eigenen Läufer gedeckt sind und gut in Richtung Gegner sprinten können.

In der Westernstadt ist gerade Sprinten angesagt. Der Kollege im braunen Kapuzenpullover — ebenfalls Anfänger — hat es offensichtlich satt, dass der Gegner nicht aus dem Saloon herauskommt und prescht auf der linken Flanke vor. Das ist von den Fässern aus bestens zu sehen. Leider auch vom Saloon aus. „Platsch“ macht es, und eine orangefarbene Kugel zerplatzt auf dem Kapuzenkopf. An der Stelle wird sich später eine hübsche Beule zeigen. Immerhin schießen die Kugeln mit 7,5 Joule aus dem Markierer. Da sind blaue Flecken garantiert.

„Das hier ist Teamarbeit, man muss sich gut absprechen“, sagt Daniel Büsch. Der 30-Jährige hat 2010 in der dritten Bundesliga gespielt. Um auf einem Profifeld trainieren zu können, fährt der Viersener bis nach Belgien. Wer Paintball intensiv betreibt, muss für Hallennutzung und Farbbälle etwa 300 Euro im Monat rechnen. In Monheim ist man ab 35 Euro für zwei Stunden dabei. 1000 Farbbälle, etwa die Menge für eine vierköpfige Gruppe, kosten 32 Euro.

In der Westernstadt wird nachgeladen. Nächstes Ziel ist der Pferdestall. Von da aus geht es zum Saloon. Schnell durchs Fenster gucken, welcher Weg der schnellste ist. „Platsch“. Ein neon-orangefarbener Klecks breitet sich auf dem Visier aus. Das war’s. Spiel vorbei. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass Paintball trotz der martialischen Optik kein Ballerspiel ist, sondern ein enorm schnelles Strategiespiel. Oder wie es Meier sagt: „Das ist wie Fußball auf dem Schulhof.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort