Exkursion - Delikatessen am Wegesrand

Zwei Expertinnen erklären auf einer Exkursion, was alles essbar ist. Die WZ ist mitgegangen und macht den Geschmackstest.

Ratingen. Pia Kamberg stellt ihren Weidenkorb ab. Sie hat Buchenkeimlinge entdeckt. „Mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen, wenn ich erzähle, was man damit alles zubereiten kann“, ruft die Biologin. „Einfach zehn Minuten in Salzwasser zusammen mit Estragon und grünem Pfeffer aufkochen. Dann absieben und mit Olivenöl aufgießen.“ Zusammen mit einem Stück Baguette und Ziegenkäse „ist das was ganz Leckeres.“

Kamberg ist zusammen mit ihrer Kollegin, der Landespflegerin Jutta Scheuß von der Unteren Landschaftsbehörde (ULB), in den Wäldern rund um Düsseldorf unterwegs. Die beiden zeigen in Exkursionen, was für Delikatessen an Waldwegen wachsen und was man mit Brennnesseln, Traubenkirsche oder Giersch zubereiten kann.

15 Frauen und Männer haben die beiden an diesem Ausflugsnachmittag im Naherholungsgebiet Ratingen-Lintorf um sich versammelt. Die Exkursionsteilnehmer konzentrieren sich ganz auf den Waldboden. In direkter Nachbarschaft zu den Buchenkeimlingen steht die Traubenkirsche. Jetzt, im Frühling, ließen sich die jungen Blätter gut ernten und für einen Salat verwenden, meint Jutta Scheuß: „Die kleinen Kirschen kann man mit Zuckerwasser besprühen.“

Pia Kamberg zieht ein Glasgefäß mit kandierten Traubenkirschen aus ihrem Weidenkorb und reicht es herum. Die Teilnehmer staunen. Jürgen Rehfuß (53) ist mutig und steckt sich eines der Blätter in den Mund. „Mmmh“, macht er. „Schmeckt ein wenig bitter, aber sehr interessant. Das würde ich auch mal in den Salat tun.“

Partnerin Bea Heckhausen (63) pflückt auch ein Blatt ab — aber weniger aus kulinarischen Gründen: „Um es später wiederzuerkennen. In den Büchern sieht es ja doch immer etwas anders aus.“

Die beiden sind froh über die vielen Rezeptideen, die sie erhalten. Eine gute Gelegenheit, ihren doch sehr eingeschränkten Speiseplan aufzupeppen. Sie sind seit knapp einem Jahr Rohkostler. „Ich war vorher Veganer, davor Vegetarier und jetzt wollte ich einfach noch einen Schritt weiter gehen und habe mich entschieden, nur noch Rohkost zu essen“, sagt Jürgen Rehfuß.

Die Unabhängigkeit sei es, die den Reiz ausmacht, meint Bea Heckhausen. „Es kann immer mal zur großen Katastrophe kommen, wo alles zusammenbricht. Da sind wir dann unabhängig vom Supermarkt und können das Essen, was die Natur uns gibt.“

Immer wieder entdeckt die Gruppe kleine, rosettenförmige Pflanzen am Wegesrand. „Das ist die Knoblauchrauke“, erklärt Jutta Scheuß. Die beiden Pflanzenkenner sind den Weg vorher schon einmal abgegangen und wissen genau, was wo wächst. Zu jeder Pflanze haben sich die beiden einen Zubereitungstipp überlegt.

Die Blätter der Knoblauchrauke riechen tatsächlich ein wenig wie Knoblauch. „Wichtig ist, dass wir alles, was so nah am Boden wächst, einmal heiß abwaschen, bevor wir es essen“, rät Scheuß. „Wegen des Fuchsbandwurms.“ Sie pflückt noch ein bisschen Vogelmiere, die neben der Knoblauchrauke aus dem Boden schießt. Das feinblättrige Giersch oder Geisfuß könne man auch gut als Pizza-Belag nehmen. Wichtig sei darauf zu achten, dass der Stängel dreieckig ist, denn es gibt giftige Doppelgänger.

Bei soviel Pflanzenkunde haben sich die Exkursionsteilnehmer eine Pause verdient. Jetzt verrät Jutta Scheuß auch, was in dem Weidenkörbchen steckt: „Ich habe einen Kräuterquark zubereitet und einen Wald-Almdudler.“ Jeder darf probieren.

Dann geht es zurück Richtung Zivilisation und Supermarkt. Bea Heckhausen hat mittlerweile einen ganzen Strauß voll mit Blättern, Wurzeln und Kräutern in der Hand. Sie grinst: „Heute Abend gibt es Brennnesselsalat.“

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