Rechtskunde-AG des Gymnasiums: Echte Urteile statt Gerichtsshow

Schüler der Rechtskunde-AG des Gymnasiums Hochdahl haben das Amtsgericht in Mettmann besucht.

Erkrath/Mettmann. „Hier läuft es ja ganz anders als im Fernsehen.“ So beschreiben Zehntklässler vom Gymnasium Hochdahl ihre ersten Eindrücke beim Besuch des Amtsgerichtes in Mettmann. Mit ihrem Lehrer Peter Linden sind sie zum Gericht gekommen und erleben mehrere Strafprozesse nacheinander.

Linden unterrichtet eigentlich Französisch und Geschichte, betreut aber zusätzlich die Arbeitsgemeinschaft Rechtskunde an seiner Schule. „Wir bieten dies immer in der ersten Hälfte des zehnten Schuljahres an. Etwa ein Drittel eines Jahrgangs macht mit“, erklärt er.

Geleitet wird die Arbeitsgemeinschaft von ausgewiesenen Fachleuten: Rechtsanwälte, Staatsanwälte, Richter. Was die Schüler motiviert, sich bis zum späten Nachmittag mit einem eher trockenen Thema zu befassen? „Wir finden es wichtig, zu wissen, was man darf und was nicht — das ist irgendwie Allgemeinbildung“, sagen die Schüler übereinstimmend.

Geduldig und verständnisvoll erkundigt sich Richter Markus Zweigle nach den Lebensumständen des Angeklagten. Er möchte wissen, was Manfred L. dazu gebracht hat, sich völlig betrunken an das Steuer eines Lasters zu setzen. Der Angeklagte erzählt von einem Streit um seine Tochter: „Da sind bei mir die Sicherungen durchgebrannt“. Unumwunden räumt er seine Schuld ein: „Das ist ganz allein mein Mist, den ich da gebaut habe“. Die Beschämung des Angeklagten beeindruckt die Schüler, während der Urteilsverkündung herrscht andächtige Stille im Saal. Schließlich erheben sich alle Anwesenden, der Richter verkündet das Urteil: eine empfindliche Geldstrafe und 18 Monate Führerscheinentzug.

Der nächste Fall: Der Staatsanwalt spricht von Beförderungserschleichung - Fragezeichen in den Gesichtern der Schüler, die verschwinden, als das Wort „Schwarzfahren“ fällt. Der Angeklagte ist kaum älter als die Hochdahler Gymnasiasten, hat im Gegensatz zu ihnen eine unglückliche Schullaufbahn mit vielen Brüchen und Wechseln hinter sich. Heute hält er sich mit Aushilfsjobs über Wasser. Auch er ist vom Geschehen bei Gericht sichtbar beeindruckt: Kaum hörbar gibt er die Tat zu. Wenig später weiß er, dass er 40 Stunden in einer gemeinnützigen Einrichtung arbeiten muss.

Eine der überraschendsten Erkenntnisse für die Schüler: Dass der Richter einem Jugendlichen „als Strafe so ziemlich alles aufdrücken kann“. „Alles natürlich nicht“, relativiert Zweigle und verspricht weitere Erklärungen für die nächste Unterrichtseinheit am Gymnasium.

Ob sie sich vorstellen können, später selbst Jurist zu werden, will Zweigle noch wissen. Großes Schweigen zunächst, dann wagt sich ein Zehntklässler vor: „An den Gedanken müsste ich mich erst noch gewöhnen.“

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