Niemand ist perfekt — na und?

Es ist nicht das Makellose, das die Erkrather Fotografin Nina Mickiewicz reizt. Ihre Sicht der Dinge zeigt sie jetzt in einer Ausstellung.

Niemand ist perfekt — na und?
Foto: Köhlen

Erkrath. „Ich bin zwar nicht perfekt, aber echt“, scheibt eine der 30 Frauen, die in den vergangenen Monaten im Fotostudio von Nina Mickiewicz an der Bahnstraße Modell gestanden haben — mit wenig Stoff auf der Haut und einverstanden damit, dass die dabei entstandenen Fotos ohne schmeichelnde Nachbearbeitung gezeigt werden. Aber so viel Selbstbewusstsein ist offenbar noch immer nicht alltäglich.

Niemand ist perfekt — na und?
Foto: Nina Mickiewicz

„Es hat schon Überwindung gekostet, die Fotos, vor allem meine eigenen, nicht zu retuschieren, nicht hier einen Pickel und dort eine Delle verschwinden zu lassen. Aber das wäre mit dem Ziel der Ausstellung nicht zu vereinbaren gewesen. Es geht ja darum, sich mit allen vermeintlichen Makeln zu zeigen, seinen Frieden damit zu machen und andere Mädchen und Frauen dazu ermutigen, dies ebenfalls zu tun“, erzählt Mickiewicz, die sich auch selbst vor die Kamera gestellt hat.

Lange schon beschäftigt sich die Fotografin mit dem Spannungsfeld von Schönheitsidealen und Wirklichkeit, von Selbst- und Fremdbild, vor allem bei Frauen. Als sie noch als Fotografin auf der Düsseldorfer Königsallee arbeitete, hätten Eltern zuweilen selbst Bilder ihrer Kinder nachbearbeiten lassen, damit diese möglich perfekt aussehen. So etwas komme für sie nicht mehr infrage, sagt Mickiewicz: „Die Leute wollen zunehmend natürliche Bilder, auch von besonderen Anlässen wie Hochzeiten. Und das ist auch genau das, was ich machen möchte.“

Für ihr erstes Ausstellungsprojekt, das sie als „Herzenssache“ beschreibt, hat sie über Facebook und per Mundpropaganda nach Kandidatinnen gesucht, die Lust aufs Mitmachen hatten. 30 Mutige aus Erkrath, Düsseldorf, Wuppertal und Solingen sind ihrem Aufruf gefolgt. „Beim gemeinsamen Shooting wurde dann intensiv gearbeitet, aber auch gequatscht, gefuttert, getrunken und vor allem viel gelacht“, erzählt die Fotografin, die jedes ihrer Models in Bildgestaltung und Bildauswahl mit einbezogen hat.

Die Ergebnisse — Gruppenporträts, Einzelbilder und dazugehörige Texte, in denen die Frauen etwas über sich selbst erzählen — werden ab dem 13. Juli unter dem Titel „Vielfalt der Schönheit“ im Eingangsbereich und im Dachgeschoss des Ausflugslokals Neandertal No. 1 an der Talstraße gezeigt. Hausherrin Caterina Klusemann ist ein bekennender Fan von Nina Mickiewicz. Zur Freude der Fotografin, die lange nach einem passenden Ort gesucht hat: „Ich hoffe, dass viele Besucher kommen, damit all die tollen Frauen, die den Mut hatten, sich in Unterwäsche portraitieren zu lassen und mir ihre Geschichte zu erzählen, auch die Anerkennung erhalten, die sie verdienen.“

Mickiewicz weiß, dass sie sich mit ihrer Schau auch angreifbar macht. „Muss das sein, dass Frauen sich öffentlich in Unterwäsche zeigen?“ war schon eine kritische Frage, mit der sie konfrontiert wurde. Wenn es anderen hilft, Selbstbewusstsein aus der Einsicht zu ziehen, dass am Ende niemand perfekt ist — dann ja, meint Mickiewicz. Vorbild für ihr Fotoprojekt war übrigens die Dokumentation „Embrace — liebe Deinen Körper“ von Schauspielerin Nora Tschirner. Der Film über die Erkenntnis, dass ein toller Körper kein Garant für Glück ist, war recht erfolgreich und ein Liebling der Frauenzeitschriften.

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