Mode 2025: Intelligenz im Anzug

Jacken, die sich der Außentemperatur anpassen, oder Materialien, die Gerüche neutralisieren: Die Erkrather Blücher GmbH entwickelt die Kleidung der Zukunft.

Erkrath. Morgens ist es mit 20 Grad noch recht angenehm, doch dann wird es mit jeder Stunde immer wärmer. Am Nachmittag zeigt das Thermometer 30 Grad — und wie von Geisterhand schieben sich die Ärmel des Hemdes ganz automatisch nach oben, ohne dass der Träger seine Hände benutzt. Mittels spezieller Fasern und Sensoren im Stoff, die die Außentemperatur messen, kann das Hemd von allein die Ärmel kürzen. Doch das ist nicht das Einzige, was Textilien in Zukunft können werden.

Menschen wie Bertram Böhringer wissen das. Er ist Bereichsleiter für Forschung und Entwicklung bei der Blücher GmbH, einem Erkrather Unternehmen, das sich auf die Entwicklung und Produktion von Filtertechnologien spezialisiert hat, das aber 80 Prozent seines Umsatzes mit Schutzanzügen für Sicherheits- und Einsatzkräfte macht.

In der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Unternehmens arbeiten rund 20 Mitarbeiter an neuen Textilien. „Dabei steht die Funktionalität der Stoffe bei uns im Vordergrund“, sagt er. Will heißen: Er und sein Team versuchen unter anderem immer dünnere Stoffe zu entwickeln, die aber trotzdem vor Wasser, Wind, aber auch Angriffen mit ABC-Waffen schützen. „Denn wer nicht viel Hülle um sich tragen muss, ist beweglicher“, sagt Böhringer. Die sei zwar besonders wichtig für Einsatzkräfte, die schnell reagieren müssen. Aber — so prognostiziert er für die Zukunft — auch die Ottonormalverbraucher werden noch komfortablere und funktionalere Stoffe als heute schon tragen.

So wird die Luftdurchlässigkeit von Stoffen ein noch größeres Thema. „Die Stoffe sind zwar schon luftdurchlässiger als vor Jahren, aber das wird noch besser. Denn heute schwitzt noch jeder, wenn er bei einer Wanderung eine Jacke trägt und es außen feucht ist. Das wird in Zukunft anders werden“, sagt er.

Die Stoffe werden über elektronische Sensoren die Außentemperatur erfassen, woraufhin sich die Fasern ändern werden, so dass derjenige, der die Jacke trägt sich eben nicht mehr klamm fühlt nach körperlicher Anstrengung. Andersherum wird die Kleidung aber auch auf Kälte reagieren und ihren Träger besser isolieren. Damit wird das Tragen von Unterhemd, T-Shirt, Hemd, Pullover und einer dicken Jacke nahezu überflüssig.

Bekleidung wird immer mehr zu einem High-Tech-Produkt: In den Stoffen werden Sensoren sein, die über GPS geortet werden können, Handschuhe können als Handy-Ersatz genutzt werden oder ein Ärmel verwandelt sich via Druck auf einen Sensor im Stoff zu einem Display, das eine Landkarte anzeigt wie bei einem Navigationssystem.

Selbst die Überwachung von Vitalfunktionen — von Puls, Blutdruck und Atemfrequenz — kann über den Stoff erfolgen. „Teilweise sind da jetzt schon die unglaublichsten Dinge möglich. Ob sie sich allerdings für die breite Masse durchsetzen werden, wird sich zeigen. Das hängt auch von den Kosten für die Produktion ab“, sagt Michael Keinert, Geschäftsführer des Erkrather Unternehmens.

Aber nicht nur durch elektronische Komponenten wird Kleidung in Zukunft wertiger. Es gibt Absichten, in Stoffe Medikamente zu integrieren. Das könnte beispielsweise für Neurodermitiker sinnvoll sein, wenn der Stoff in regelmäßigen Dosen Wirkstoffe abgibt. „Es gibt heute schon Entwicklungen mit kleinen Kügelchen in Fasern, die geringste Stoffe abgeben“, erklärt Böhringer. Deshalb sei diese Entwicklung nicht undenkbar.

Eine neue Entwicklung, da sind sich Keinert und Böhringer sicher, wird sich auch durchsetzen: Und zwar Stoffe, die in der Lage sind, Gerüche zu neutralisieren. Das Unternehmen hat bereits ein eigenes Produkt auf den Markt gebracht, das bis jetzt vor allen Dingen von Jägern oder Tierfilmern genutzt wird. „Sie können damit vom Wild nicht mehr gewittert werden. Der Mensch wird geruchstechnisch unsichtbar.“

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