Mit Tüten gegen Gewalt an Frauen

Die Gleichstellungsbeauftragten wollen mit der Aktion „Gewalt kommt nicht in die Tüte“ Hilfsangebote für Frauen in Not bekannt machen.

Mit Tüten gegen Gewalt an Frauen
Foto: Staschik

Erkrath. Seit 2011 begehen die Gleichstellungsbeauftragten im Kreis Mettmann den Tag „Nein zu Gewalt an Mädchen und Frauen“ mit einer besonderen Aktion: In vielen teilnehmenden Bäckereien und bei der Tafel bekommt man seine Brötchen in einer Tüte, die mit der Aufschrift „Gewalt kommt nicht in die Tüte!“ und vielen hilfreichen Notrufnummern bedruckt ist. Seit 2016 gibt es die Tüten auch bei der Landmetzgerei Hanten, Kiosken und Tankstellen sowie in den Flüchtlingsunterkünften.

„Wir wollen zum einen die Menschen für das Problem der häuslichen Gewalt sensibilisieren, zum anderen betroffenen Frauen Hilfsangebote näherbringen“, sagt Annegret Pollmann, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Erkrath. Frauen sollten den Mut bekommen, von Gewalt geprägte Partnerschaften nicht länger zu ertragen. „Es hat auch schon was gebracht“, meint Pollmann.

Seit Jahren steige die Zahl gemeldeter Fällen im Kreis Mettmann stetig an. Waren es 2016 noch 55 Fälle in Erkrath, stieg die Zahl in diesem Jahr allein bis Ende Oktober auf 63 an. Das könne auch daran liegen, dass sich nun mehr Frauen trauen, Delikte anzuzeigen. „Gewalt in der Partnerschaft“ kann vieles bedeuten: Neben vorsätzlicher einfacher oder schwerer Körperverletzung gehören auch deren Androhung sowie sexuelle Nötigung, Vergewaltigung und Nachstellen („Stalking“) dazu.

Für Außenstehende ist es oft schwer zu verstehen, warum betroffene Frauen solche Beziehungen nicht einfach beenden. „Man muss die individuelle Geschichte sehen“, sagt Annegret Pollmann. Meist habe der Partner eine liebevolle Seite, an der sich die Frau in ihrem Abhängigkeitsverhältnis klammere. Oft baue sich die Spannung über Tage auf und entlade sich dann in einer Gewalttat, gefolgt von der Beteuerung des Täters, so etwas nie wieder zu machen. Das Opfer bekommt Schuldgefühle, die Tat selbst provoziert zu haben.

Wird eine Gewalttat angezeigt, greift das Gewaltschutzgesetz: Der Täter darf, sofern er im selben Haushalt wohnt, zehn Tage lang die Wohnung nicht betreten. In dieser Zeit kann das Opfer nachdenken, Beratung holen oder ein Frauenhaus aufsuchen. Gerade für Frauen mit Kindern sind Frauenhäuser oft der beste und einzige Rückzugsort, um sich zu erholen. „Das Frauenhaus im Kreis Mettmann ist überbelegt, weil es zu wenig sozialen Wohnraum gibt“, erklärt Annegret Pollmann.

Die Brötchentütenaktion stammt ursprünglich aus Ostdeutschland, hat sich in den letzten Jahren aber besonders in NRW verbreitet. Im Kreis Mettmann ist Pollmann der größte Abnehmer der Spezial-Druckerei, mit 10 000 Tüten allein für Erkrath. Finanziert wird das von den Städten aus den Etats der Gleichstellungsbeauftragten. Annegret Pollmann appelliert an alle Betroffenen, den Mut zu haben, etwas zu ändern. „Zu oft kommt es vor, dass Opfer und Täter wieder zusammenziehen und alles von vorne losgeht“. In der Gesellschaft müsse auch das Verständnis für die schwierige Situation der Frauen gestärkt werden.

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