Markus Schink rettet alte Gemüsesorten

Eine starke Lobby beherrscht den Saatgutmarkt. Der Erkrather will ein Gegengewicht schaffen.

Markus Schink rettet alte Gemüsesorten
Foto: Stephan Köhlen

Erkrath. Wenn Markus Schink über Saatgutpolitik spricht, wird seine sonst so ruhige Stimme eine Spur ärgerlich. „Die Pflanzenvielfalt ist bedroht“, sagt er. Dagegen will der Erkrather etwas tun. Schink, der hauptberuflich beim Eiszeitlichen Wildgehege arbeitet, kümmert sich in seiner Freizeit um den Erhalt alter, fast vergessener Gemüsesorten.

In seinem Hausgarten am Rand von Millrath wachsen die Leckereien neben- und durcheinander: Seltene Tomatensorten, Wintererbsen, Pastinaken, Kohl, verschiedene Bohnensorten. Manche Pflanzen sind regionale Besonderheiten — der Sellerie „Hochdahler Markt“ etwa. Die Sorte wird seit Jahren von der Hochdahlerin Eike Bretschneider gezogen. Bretschneider ist Ehrenmitglied des Vereins zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN). Dem Verein ist auch Schink beigetreten. Für den VEN führt er in regelmäßigen Abständen interessierte Besucher durch seinen heimischen Bauerngarten. Dabei geht es ihm nicht nur um Gärtner-Tipps, sondern vor allem um die Bedeutung der alten Gemüsesorten für die Landwirtschaft.

Verkaufen kann er das meiste selbstgewonnene Saatgut nicht: Handeln darf man nur mit Saatgut von offiziell zugelassenen Sorten, aber die Registrierung kostet pro Sorte mehrere Tausend Euro. Das nehmen Hobbygärtnerinnen und -gärtner selten auf sich. Bretschneider etwa hat den Sellerie „Hochdahler Markt“ beim Bundessortenamt registrieren lassen. Damit ist sie aber eher eine Ausnahme. Das Zulassungsverfahren, so Schink, durchliefen mittlerweile nur noch wenige bekannte Sorten, die im großen Stil angebaut würden. Sie würden vor allem auf Optik und Leistungsfähigkeit gezüchtet, doch die Einheitlichkeit der Pflanzen sei ein Problem.

„Es geht hier um Genetik“, erklärt Schink. „Die modernen Hybridsorten werden aus Elternlinien mit speziellen Eigenschaften gezüchtet und dann an diesem Punkt gehalten. Diese Sorten haben keine genetische Breite und sind deshalb weniger anpassungsfähig als andere Sorten.“

Im Garten könne man beobachten, dass alte Sorten oft mit wechselnden Bedingungen klarkommen, weil die Pflanzen unterschiedliche genetische Merkmale und deshalb unterschiedliche Präferenzen haben. Bei genetisch identischen Pflanzen funktioniere das nicht. „Für die große Produktion spielt das aber keine Rolle“, sagt Schink. „Da werden die Pflanzen dann gespritzt und gut ist.“ Ein Ziel des VEN ist es, die Sortenzulassung zu vereinfachen. „Man könnte die entsprechende EU-Verordnung liberaler auslegen, wie es in Österreich gemacht wird“, erklärt Schink. Dort sei es leichter, Samen offiziell weiterzugeben. In Deutschland stünde dem eine starke Saatgutlobby, bestehend aus Konzernen wie Bayer und BASF, entgegen. Schink betreibt die Gemüserettung deshalb im kleineren Kreis: Von Freunden bekommt er immer wieder Saatgut geschenkt oder gibt selber etwas weiter. Die Erkrather freut das. Nach der Gartenführung gehen viele mit geschenkten Samen vom Hof.

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